Wachstumsfelder des Internetkonzerns

Google will Android überall

17.04.2014
Von Thomas Kuhn
Die Handysoftware Android des Internet-Konzerns erobert nach Smartphone und Tablet jetzt auch Fernseher, Autos und Kameras. Doch dafür zahlt Google einen hohen Preis.

Mal endet es mit lautstarkem Protest der Nutzer, mal kommt der Tod still und leise - immer aber gehört das Scheitern bei Google zum Konzept. Kaum ein Konzern hat das Prinzip Versuch und Irrtum, derart zur Strategie erhoben wie der US-Internet-Riese. Ob das soziale Netzwerk Orkut, das Gesundheitsportal Health oder die Plattform Google TV, die Liste gescheiterter oder eingestellter Online-Dienste ist lang.

In der Fernsehwelt - immerhin - gelingt Google jetzt ein Comeback: Im zweiten Quartal dieses Jahres will der chinesische Hersteller TPV, der das TV-Geschäft des niederländischen Elektronikkonzerns Philips fortführt, erste Fernseher mit Google-Software auf den Markt bringen.

Den Neustart ins Wohnzimmer dürfte sich Google-Chef Larry Page aber anders vorgestellt haben: Denn TPV nutzt für seine künftigen Flachbildriesen mit Web-Zugang - kurz SmartTV genannt - nicht etwa Googles gescheiterte TV-Plattform. Stattdessen ebnet ausgerechnet das ursprünglich für Smartphones entwickelte Betriebssystem Android den Fernsehern den Weg ins Web. Und es erschließt den Zuschauern zugleich den Zugriff auf Abertausende bisher für Smartphone und Tablet-Computer programmierte Apps.

Was zunächst befremdlich klingt - Handysoftware für artfremde Technik zu nutzen - 'wird immer beliebter. Philips' TV-Sparte ist längst nicht mehr das einzige Unternehmen, das Googles in der Basisversion frei verfügbare Software an die eigenen Bedürfnisse anpasst. So folgte der chinesische Elektronikkonzern Huawei gerade erst dem Beispiel des Startups Ouya und kündigte eine weitere Spielekonsole an, die auf Android basiert.

Auch die Fotoriesen Nikon und Samsung produzieren Kameras, die das Betriebssystem nutzen. Samsung verkauft zudem Kühlschränke mit integriertem Touch-Computer, bei dem Android-Software den Zugriff auf digitale Kochbücher und Apps zum Verwalten der Einkäufe ermöglicht. Auch der Navigationsgerätehersteller Garmin hat mit dem Monterra einen androidbasierten, digitalen Wanderführer im Programm. Selbst Handelsriese Amazon vertreibt mit seinem E-Book-Lesegerät Kindle Fire eine Produktlinie, in der Google-Software den Takt vorgibt.

Damit schickt sich Google an, nicht mehr nur die Computerwelt zu dominieren, sondern auch ganz neue Techniksparten. Es ist ein atemberaubender Durchmarsch: Voraussichtlich schon 2015 wird Android nach Hochrechnung des Marktforschers Gartner in knapp jedem zweiten aller weltweit rund 2,6 Milliarden verkauften PCs und Mobilgeräte stecken. 2012 noch lag Android bei nur 23 Prozent.