Best in Big Data 2013

"Noch nutzen wir die Big-Data-Anwendungen wie die Kleinkinder"

24.09.2013
Von 


Simon Hülsbömer betreut als Senior Research Manager Studienprojekte in der Marktforschung von CIO, CSO und COMPUTERWOCHE. Zuvor entwickelte er Executive-Weiterbildungen und war rund zehn Jahre lang als (leitender) Redakteur tätig. Hier zeichnete er u.a. für die Themen IT-Sicherheit und Datenschutz verantwortlich.
Zum zweiten Mal veranstaltet die COMPUTERWOCHE heute den Kongress "Best in Big Data" und kürt die besten Projekte und Tools. Lesen Sie hier alles zum Event.
Vorjahressieger Klaas Bollhöfer fordert neue Interfaces zwischen Daten und Menschen.
Vorjahressieger Klaas Bollhöfer fordert neue Interfaces zwischen Daten und Menschen.
Foto: IDG Business Media GmbH / Foto Vogt GmbH

"Daten sind in der Mitte unseres Lebens angekommen. Sie bestimmen staatliche, wirtschaftliche, technische und persönliche Entscheidungen.“ Dieser einführende Satz aus der Keynote-Ankündigung von Data Scientist Klaas Bollhöfer von The unbelievable Machine Company und Stephan Thiel von Studio NAND steht auch sinnbildlich für den gesamten Kongress „Best in Big Data“. Die Entscheidung, einen Vortrag oder eine Präsentation kürzer zu halten als geplant, wird den Sprechern durch eine große Countdown-Uhr am Bühnenrand abgenommen: Ist die Zeit abgelaufen, ist die Show zu Ende – die Daten, in diesem Fall die Zahlen, haben gesprochen.

Fast 200 Teilnehmer haben sich in der prominenten Kulisse der Frankfurter Commerzbank-Arena eingefunden – terminlich eingerahmt von UEFA Europa League und DFB-Pokal. So lassen die Konferenzpausen nicht nur Networking-Gespräche während des Besuchs der Ausstellung zu, sondern auch einen kurzen Ausflug auf die VIP-Tribüne im Innenraum des Stadions – wenige Meter oberhalb des sattgrünen Rasens, auf dem morgen Abend bereits wieder Fußball gespielt wird.

Neue Schnittstellen, neues Design

Andreas Seufert präsentierte die Ergebnisse einer noch laufenden Studie über die Wettbewerbsvorteile durch Big Data.
Andreas Seufert präsentierte die Ergebnisse einer noch laufenden Studie über die Wettbewerbsvorteile durch Big Data.
Foto: IDG Business Media GmbH / Foto Vogt GmbH

Auf der Bühne stellen Spezialisten wie Andreas Seufert, Professor an der Berliner Steinbeis-Hochschule, oder der letztjährige Publikumspreisgewinner Bollhöfer neue Studien („Die Nutzung von Big Data wird zunehmen“) und mögliche Anwendungsszenarien („Das Wichtigste ist die Schnittstelle zwischen Daten-Anwendung und Mensch“) vor. Eine provokante These hat beispielsweise Stephan Thiel gleich zu Beginn in petto: „Noch nutzen wir die Big-Data-Anwendungen wie die Kleinkinder. Wir nehmen das hin, was uns von den Systemen vorgesetzt wird. Wir müssen vielmehr die Gestaltung neuer Prozesse ermöglichen.“ Gemeinsam mit Bollhöfer fordert er neue modulare Interfaces, grundlegend neue Visualisierungsansätze, damit Anwender ihre Daten besser auswerten und vor allem neue Erkenntnisse für die Zukunft gewinnen können.

Nicht der Nutzer müsse sich auf das System einstellen, sondern das System auf den Nutzer. Das das nötig ist, bestätigt Frank Theisen aus der Smarter-Analytics- und -Commerce-Abteilung der IBM: „Wir haben das Zeitalter des mächtigen Kunden erreicht.“ Vor-Ort-Preisvergleiche mit dem Smartphone im Geschäft oder das starke Vertrauen in die Produktbewertungen anderer Käufer verlangten von Anbietern eine neue Ausrichtung ihrer Kundendatenanalyse.

Wer stellt schon Dr. House ein?

In den Pausen lohnt sich ein Besuch der Ausstellung, die auch reichlich Raum fürs Networking bietet.
In den Pausen lohnt sich ein Besuch der Ausstellung, die auch reichlich Raum fürs Networking bietet.
Foto: IDG Business Media GmbH / Foto Vogt GmbH

Dass Big Data aber nicht nur die Anpassung der eigenen Prozesse erfordern, sondern auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen, stellte Wolfgang Hackenberg vom Steinbeis-Transferzentrum pvm in den Mittelpunkt. Nicht unbedingt vorteilhaft für IT-Abteilungen, die sich nicht darauf einstellen: „Neue Technologien entmachten die IT. Der CIO braucht die eigene IT-Abteilung nicht mehr, was die Veredelung von Daten angeht.“ Er spielt auf die Nutzbarmachung von Daten an, die sich in erster Linie durch Cloud-Services realisieren lasse, die kürzere und flexiblere Anpassungen möglich machten.

Wie also muss der Big-Data-Experte aussehen, wenn der klassische IT-Spezialist der falsche Ansprechpartner für entsprechende Projekte ist? Hackenberg zeichnet seinen Wunschcharakter: "Er braucht mathematisches Verständnis, Business-Skills, er muss Daten visualisieren können, fähig sein, mit diversen Technologien umzugehen- Er braucht Neugierde, Ungeduld, aber auch Faulheit und muss eine gewisse Hybris sein - mit Gier, Überheblichkeit und Stolz auf die eigene Leistung ausgestattet." Weil er aber niemanden kenne, der alle Kriterien erfülle, schlug er sogleich eine fiktionale Figur vor, die aus einer amerikanischen Fernsehserie bekannt ist: Dr. House. Die Frage sei aber, ob ein Unternehmen sich traue, so jemanden wirklich einzustellen, und in welcher Abteilung er dann beschäftigt werde.

"Innovative" Datenschützer gesucht

Allesamt Fragen, die von deutschen Unternehmen noch nicht abschließend beantwortet werden konnten. Genauso wenig wie die Frage nach dem Datenschutz und den Sicherheitsaspekten von Big Data. Klassische Big-Data-Projekte stünden meist konträr zum Thema Datenschutz - zumindest soweit es um personenbezogene Daten gehe, erklärt Hackenberg.. Es sei aber keine Frage nach dem "ob", sondern allenfalls eine Frage nach dem "wie". "Wir werden den Big-Data-Zug nicht aufhalten können, weil sich Unternehmen wie Google nicht um unsere Gesetze scheren", stellt er klar. Er schiebt provokant hinterher: "Unsere Datenschützer halten den Zug unnötigerweise auf. Wir brauchen neue innovative Datenschützer, die nicht immer nur blockieren und verhindern."

Im Anschluss an die Vorträge präsentieren die 18 Finalisten ihre Projekte und Tools der Jury und dem Publikum. Am späten Abend findet dann die Bekanntgabe der "Master in Big Data" samt Preisverleihung statt. Alles zu den Gewinnern lesen Sie hier.

Einen Event-Live-Ticker zum Nachlesen gibt es auf unserer Facebook-Seite. Ausführliche Beschreibungen der nominierten Projekte und Tools finden Sie in unserem Online-Special und in folgender Bildergalerie: