Ein weiter Weg bis 50 Mbit/s

Auf dem Weg zur Gigabit-Gesellschaft

13.04.2015
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Deutlich weniger Bandbreite als zugesichert

Ein Faktor, den es im Zusammenhang mit Breitbandverbindungen in der Praxis zu berücksichtigen gilt, ist die Diskrepanz zwischen den Zusagen der Provider und der Wirklichkeit. In den meisten Fällen wird die vertraglich zugesicherte Bandbreite nicht erreicht. Rechtlich ist das in Ordnung, weil sich die Service-Provider in ihren Geschäftsbedingungen auf mögliche technische Hürden berufen, die eine Bereitstellung der Dienste erschweren. Dazu zählen etwa die Qualität der Leitungen speziell innerhalb von Gebäuden, die Ausbaustufe des Netzes sowie Gegebenheiten wie die Abschattung von Mobilfunkmasten in Innenstädten durch Gebäude.

Messungen der Bundesnetzagentur im Jahr 2013 ergaben allerdings, dass die Diskrepanzen teilweise erheblich sind. Demnach erhielten beispielsweise nur 5,4 Prozent der Kunden, die bei ihrem Service-Provider ein DSL-Angebot mit 8 bis 18 Mbit/s gebucht hatten, die vertraglich zugesicherte volle Bandbreite. Etwas besser sah es laut der Agentur bei Verbindungen mit Übertragungsraten im Bereich 25 Mbit/s bis 100 Mbit/s aus. Bandbreiten ab 50 Mbit/s sind nicht nur für private "Power-User" relevant, sondern auch für kleine und mittelständische Unternehmen. Im Bereich 25 bis 50 Mbit/s stand immerhin in 25,5 Prozent der Fälle die zugesicherte maximale Bandbreite (bis 50 Mbit/s) zur Verfügung.

Bei Verbindungen mit 50 bis 100 Mbit/s konnten 41,3 Prozent der Nutzer auf die volle Bandbreite zurückgreifen. Verbesserungsbedürftig ist auch das Angebot an mobilen Breitbandverbindungen. Die Mehrzahl der Nutzer von LTE-Verbindungen, 55,2 Prozent in der Stadt und 59,2 Prozent auf dem Land, musste sich 2013 mit 50 Prozent der eigentlich vom Provider zugesagten Bandbreite begnügen.

Bis 2018 sollen alle Haushalte in Deutschland via Breitband ins Internet gehen können, hat die Bundesregierung 2014 in ihrer "Digitalen Agenda" vorgegeben.
Bis 2018 sollen alle Haushalte in Deutschland via Breitband ins Internet gehen können, hat die Bundesregierung 2014 in ihrer "Digitalen Agenda" vorgegeben.
Foto: Chromatika Multimedia snc, Shutterstock.com

Fazit: Breitband ja - aber nicht überall

In einem sind sich TK-Fachleute einig: Die ideale Lösung für eine "Gigabit-Gesellschaft" wäre ein flächendeckender Ausbau der Glasfasernetze. Doch das unterblieb bislang, vor allem aus Kostengründen. Die bestehende Telefoninfrastruktur auf Basis von Kupferkabeln hat in Westdeutschland zwar rund 50 Jahre auf dem Buckel, lässt sich aber dank Vectoring und später G.fast weiterhin nutzen. Ferner zeichnet sich ab, dass Breitbanddienste über das Kabel-TV-Netz an Bedeutung gewinnen. Immerhin verzeichnen die Anbieter in diesem Segment leichte Zuwächse. Wenig Hoffnung gibt es für die Bewohner ländlicher Gebiete - dort werden kabelgestützte Breitbandverbindungen von 50 Mbit/s und mehr bis Ende des Jahrzehnts kaum in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Die Kosten sind für die Netzbetreiber schlichtweg zu hoch. Hinzu kommt, dass die Bundesregierung im Spätsommer 2014 klargestellt hat, dass sie den Ausbau einer Breitbandinfrastruktur nicht fördern kann - oder will. Einzelne Bundesländer wie Bayern haben zwar Zuschüsse von bis zu zehn Milliarden Euro in Aussicht gestellt, wollen aber diese Aufgabe nicht alleine schultern.

De facto läuft somit alles auf folgendes Szenario hinaus: Breitband ja, aber Daten-raten im dreistelligen Bereich werden nur in Großstädten und der näheren Umebung erreicht. Die Befürworter einer solchen Strategie haben neben den Kosten ein weiteres Argument auf ihrer Seite: den Trend zur Urbanisierung, der auch in Deutschland zu beobachten ist. (ba)