Ein weiter Weg bis 50 Mbit/s

Auf dem Weg zur Gigabit-Gesellschaft

13.04.2015
Von 
Bernd Reder ist freier Journalist und Autor mit den Schwerpunkten Technologien, Netzwerke und IT in München.

Bis zu 200 Mbit/s über das TV-Kabel

Von VDSL Vectoring und G.fast wollen sich die Betreiber von Kabel-TV-Netzen nicht irritieren lassen. Sie bieten der Technik mit vergleichbaren Angeboten Paroli. Branchenprimus Kabel Deutschland, eine Tochter von Vodafone, zeigte beispielsweise auf der diesjährigen Internationalen Funkausstellung (IFA), dass über das Fernsehkabel Daten mit bis zu 1 Gbit/s übermittelt werden können. Derzeit stellt das Unternehmen Geschäftskunden allerdings maximal 100 Mbit/s beim Download und 12 Mbit/s beim Versenden von Dateien zur Verfügung. Damit erreicht der Anbieter nach eigenen Angaben 14,3 Millionen Haushalte in Deutschland.

Im November 2014 startet Kabel Deutschland die Einführung von Diensten mit 200 Mbit/s - in Koblenz, Saarbrücken und Wilhelmshaven. Bis Ende des laufenden Geschäftsjahres am 31. März 2015 will Kabel Deutschland rund 1,8 Millionen Haushalte mit den neuen Internet-Bandbreiten versorgen. Sechs Monate später sollen es nahezu drei Millionen Haushalte sein. Auch Mitbewerber von Kabel Deutschland wie Tele Columbus bieten Datenraten von 150 Mbit/s an. Ein Nachteil von Kabel-TV-Netzen ist, dass sie vorzugsweise in Städten und stadtnahen Regionen zur Verfügung stehen. Daran wird sich auch künftig wenig ändern. Die Anbindung von ländlichen Regionen ist für die Netzbetreiber unwirtschaftlich. Als flächendeckende Breitbandtechnik kommt TV-Kabel also nicht in Betracht.

Ein weiteres Manko ist, dass es sich um eine "Shared-Medium"-Technik handelt. Der Betreiber stellt in einem Cluster mit mehreren hundert Teilnehmern (Wohnungen, Büros) eine Bandbreite von beispielsweise 400 Mbit/s oder 1 Gbit/s zur Verfügung. Alle Teilnehmer teilen sich diese Bandbreite. Das bedeutet, es kann zu größeren Schwankungen der Nettobandbreite kommen, etwa wenn neue Teilnehmer oder "Power-User" wie Unternehmen in einem Cluster hinzukommen. Dann muss der Netzbetreiber entweder das Cluster unterteilen oder mehr Bandbreite bereitstellen.

Hoffnungsträger für das Land: LTE

In Regionen, in denen bestenfalls ISDN oder DSL mit 1 oder 2 Mbit/s zur Verfügung steht, soll die Mobilfunktechnik LTE die Digitale Agenda retten. Zu diesem Zweck haben die Telekom und Vodafone "Indoor-LTE-Pakete" geschnürt. Sie sehen Datenraten von mittlerweile bis zu 100 Mbit/s (Downlink) vor. Die Verfügbarkeit des Dienstes sei weitgehend sichergestellt, so die Service-Provider. In zirka 70 Prozent des Bundesgebiets ist die Technik demnach verfügbar.

Das Problem: Laut Untersuchungen im Auftrag der Bundesnetzagentur stand die vertraglich zugesicherte Maximalbandbreite von LTE im Jahr 2013 nur 17 Prozent der Nutzer zur Verfügung. Mehr als 59 Prozent mussten sich mit maximal 50 Prozent der vom Provider angegebenen Datenrate zufriedengeben. Dieses Vorgehen ist zwar auch bei VDSL und, wenn auch nicht im selben Maße, bei Kabel-TV zu verzeichnen. Doch befriedigend ist die Situation nicht. Hinzu kommen zwei weitere Faktoren: Auch Mobilfunk ist ein Shared Medium. Also je mehr Teilnehmer, desto geringer die Bandbreite, die pro Teilnehmer zur Verfügung steht. Zudem sehen die gängigen Verträge für Privatkunden zwar ein monatliches Datenvolumen von maximal 30 GB vor. Doch ist dieses erschöpft, wird die Transferrate bis zum Ablauf des Abrechnungsmonats auf 384 Kbit/s reduziert.

Die Beratungsfirma OpenSignal, die Daten über die Performance und Nutzung von Mobilfunknetzen in aller Welt sammelt, gab im April 2014 die durchschnittlichen Downlink-Geschwindigkeiten in deutschen LTE-Netzen mit 13,2 Mbit/s (O2), 12,4 Mbit/s (Telekom) und 9,6 Mbit/s (Vodafone) an. Nach Angaben von OpenSignal sind dies niedrigere Werte als beispielsweise in Frankreich oder Schweden. Die Datenraten in Deutschlands LTE-Netzen hätten sich im Vergleich zu diesen Ländern zudem seit Ende 2013 weiter verringert. Dies könnte darauf zurückzuführen sein, dass immer mehr Nutzer LTE und entsprechende Endgeräte einsetzen. In puncto Breitbandversorgung heißt das, dass die Netzbetreiber schnellstens nachrüsten müssen. Angesichts der hohen Kosten, die eine LTE-Infrastruktur verursacht, sind Ad-hoc-Nachbesserungen jedoch eher unwahrscheinlich.

Trend: Breitband-Mobilfunkverbindungen in Gebäuden

Breitbandverbindungen über Mobilfunk innerhalb von Gebäuden galten bislang als schwer umsetzbar. Das ändert sich derzeit. So haben Huawei und Vodafone im Sommer 2014 mit dem "LampSite"-System eine Technik vorgestellt, die in Geschäftsgebäuden 3G-, 4G- und Wireless-LAN-Verbindungen bereitstellt. Die Grundlage bilden Mikro-Funkzellen, die mit Hilfe von modularen Basisstationen eingerichtet werden. Diese Stationen lassen sich zudem mit LTE-Modulen bestücken und an das "normale" Mobilfunknetz von Vodafone anbinden. Einer der ersten Nutzer der Technik ist der Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Das Problem des Senders: Er residiert in einem denkmalgeschützten Gebäude mit dicken Mauern, die eine Mobilfunkversorgung auf konventionellem Wege unmöglich machten.