Digitale Transformation

Beim Aufbau digitaler Kompetenz ist Systematik gefragt - nicht Aktionismus

09.08.2018
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Philipp Ramin ist CEO des Schulungs-, Beratungs-, und Forschungsunternehmens Innovationszentrum für Industrie 4.0, das Kompetenzarchitekturen und Lernpfade rund um Digitalisierung und Industrie 4.0 für Unternehmen in weltweit 14 Ländern entwickelt und mit Hilfe von ganzheitlichen Schulungsprogrammen und E-Learning Nuggets umsetzt. Zudem ist er stellvertretender Geschäftsführer des Münchner Kreises. Darüber hinaus lehrt und forscht er an mehreren Hochschulen.

Eine dauerhafte Aufgabe

Doch es gibt Hoffnung. In ersten etablierten Unternehmen stoßen Management und HR-Verantwortliche inzwischen groß angelegte Weiterbildungsinitiativen an, um Digitalkompetenz in verschiedenen Unternehmensbereichen systematisch aufzubauen. Gleich mehrere Traditionsunternehmen beginnen in diesen Tagen umfassende und langfristige E-Learning-Programme. In den kommenden Jahren werden dort die Mitarbeiter die Möglichkeit haben, mit Hilfe digitaler Lernplattformen fachspezifische Digitalkompetenzen aufzubauen. Auf diese Weise soll in der Breite verstanden werden, wie beispielsweise die Blockchain zukünftige Transaktionen verändern kann oder warum agile Organisationsstrukturen eine wichtige Erfolgsvoraussetzung in einer sich schnell wandelnden Unternehmenswelt sind.

Die Zeiten von oberflächlichen, halbtägigen Workshops im Kreise der üblichen Verdächtigen gehen zu Ende. Teilweise sind es auch die Mitarbeiter selbst, die Personalentwicklungs-Maßnahmen im Bereich der Digitalisierung fordern, um fachlich nicht abgehängt zu werden. Digitale Kompetenz betrifft die gesamte Organisation und muss über Jahre hinweg systematisch ausgerollt werden.

Dreiklang: Wissen, Fähigkeiten und Mindset

Sicher ist dabei nicht alles komplett neu, was erlernt werden muss. Vielmehr geht es darum, den Dreiklang aus Wissen, Fähigkeiten und Mindset in einen übergeordneten und systematischen Rahmen zu bringen, der dem Unternehmen bei seiner Transformation ein solides Fundament bietet. Dabei steht nicht nur Technologie, sondern auch das Verständnis eines Kulturwandels im Vordergrund, der eine transparente und funktionsübergreifende Zusammenarbeit, flexible Arbeitsprozesse und das Akzeptieren von Unsicherheit voraussetzt.

Der hierfür benötigte Lernprozess ist sehr individuell, wodurch eine wesentliche Aufgabe darin liegt, spezifische Lernpfade und den richtigen Medieneinsatz Schritt für Schritt zu entwickeln und zu implementieren. Von klassischen Schulungen über Hands-on-Workshops bis hin zu online basierten Lernangeboten im Sinne von "Digital Competence as a Service" gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten, um digitale Kompetenz systematisch und interaktiv zu vermitteln. Ein Standardprogramm für digitale Bildung kann es somit nicht geben.

Zu diesem Ergebnis kommt auch das Institut für Wirtschaft, Arbeit und Kultur (IWAK) in Frankfurt am Main. In seinem kürzlich vorgestellten Projektbericht zu den Herausforderungen für die Weiterbildung in Hessen stellen die Autoren fest, dass die erforderlichen digitalen Kompetenzen weit über technische und soziale Fähigkeiten hinausgehen und aufgrund ihrer Unterschiedlichkeit unternehmensspezifisch weiterentwickelt werden müssen. Das Weltwirtschaftsforum spricht sogar von einer Umschulungsrevolution.

Was sollen die Mitarbeiter können?

Unternehmen können demzufolge immer weniger darauf bauen, ausreichend neue Mitarbeiter auf dem Markt zu finden, die bereits das komplette digitale Handwerkszeug mitbringen. Konkret gilt es für Unternehmen nun, die relevanten Digitalthemen unternehmensspezifisch festzulegen und die zukünftige Erwartungshaltung an das Kompetenzprofil der eigenen Mitarbeiter zu formulieren. Darauf aufbauend können dann die individuellen Weiterbildungsmaßnahmen modulartig und sukzessive ausgerollt werden, um für jedes Mitglied der Organisation das passende Digitalprofil aufzubauen. (hv)