In Sachen Automatisierung und ihre Folgen stehen viele Fragen im Raum. Welche Aufgaben werden Roboter und Software-Bots übernehmen? Oder: Wird der traditionellen Arbeitsgesellschaft die Arbeit ausgehen? Empirische Untersuchungen zu diesem Themenkomplex gibt es nur wenige. Der ISG Automation Index 2017 versucht, diese Lücke zu schließen und Antworten zu geben.
Um erstmals empirische Daten über die Auswirkungen von robotergestützter Prozessautomatisierung zu erhalten, haben die Analysten der ISG Information Services Group deshalb jene IT-Outsourcing-Verträge untersucht, die ein jährliches Vertragsvolumen von mindestens fünf Millionen Dollar und maßgebliche Automatisierungsanteile aufweisen. Ebenfalls Teil der Untersuchung waren Automation-Assessments in Finanz-, Buchhaltungs- und Personalabteilungen sowie Interviews. Die Ergebnisse waren eindeutig: Einerseits beschleunigt Robotic Process Automation (RPA) die Geschäftsprozesse um das Fünf- bis Zehnfache und senkt den Ressourcenverbrauch um durchschnittlich 37 Prozent. Andererseits führten die so erzielten Produktivitätsgewinne laut Studie nicht zu Jobverlusten. Sie versetzten die Unternehmen vielmehr in die Lage, ihre Mitarbeiter anderweitig einzusetzen: für höherwertigere Aufgaben und größere Arbeitsvolumen.
Produktivitätsplus bis zu 140 Prozent
Was für die Unternehmen gilt, lässt sich zunehmend auch auf Serviceanbieter übertragen. Sie nehmen die Automatisierung derzeit massiv in ihre Angebote auf. Dies erfolgt vor allem über sich selbst steuernde Software, sogenannte Autonomics, welche standardisierte Betriebsprozesse automatisiert und Daten zusammenträgt, um mit deren Hilfe Abläufe im Lauf der Zeit zu optimieren. Während es früher mindestens zwei Jahre brauchte, bis Unternehmen im Rahmen ihrer Outsourcing-Verträge Produktivitätsgewinne von fünf bis zehn Prozent verzeichneten, gibt es heute Betriebe, die in der gleichen Zeitspanne ein Plus von 40 bis 140 Prozent erzielen.
Die Produktivitätsgewinne unterscheiden sich laut Studie mit Blick auf die verschiedenen Servicebereiche im Unternehmen: von 24 Prozent beim Anwender-Support bis hin zu 143 Prozent bei Sprachmodulen in Netzwerken. Auf die Kosten übersetzt lassen sich im Vergleich mit den ISG-Industrie-Benchmarks zweistellige Einsparungen in allen wichtigen Servicebereichen feststellen. Die Bereiche Netzwerk und E-Mail-Management weisen hierbei mit 64 beziehungsweise 71 Prozent die höchsten Kostensenkungspotenziale auf.
IT ist Automatisierungskandidat Nummer eins
Im Mittelpunkt von RPA steht aktuell die IT. Sie stellt nach der Überzeugung von 68 Prozent der Geschäftsverantwortlichen jenes Geschäftsfeld dar, das in den kommenden zwei Jahren am meisten von Automatisierung betroffen sein wird, und zwar auf breiter Front. So werden 2019 laut der Studie bereits 72 Prozent der Unternehmen RPA einsetzen, sei es im vollen Betrieb oder als Test in Pilotprojekten. Das Ziel dabei sei, Kosten einzusparen, Produktivität, Qualität und Compliance zu erhöhen sowie Bearbeitungszeiten zu verringern. RPA gehört bei Unternehmen derzeit zu den Favoriten, da sie einen schnellen und günstigen Weg darstellt, um grundlegende und regelbasierte Geschäftsprozesse zu automatisieren, ohne sie neu aufsetzen zu müssen.
Kognitive Technologie steht noch am Anfang
Als weitergehenden Automatisierungsschritt hat der ISG Automation Index 2017 neben RPA auch das sogenannte kognitive Computing und dessen Auswirkungen untersucht. Kognitive Technologien umfassen selbstlernende Maschinenalgorithmen, die Muster, Trends und Wahrscheinlichkeiten erkennen können. Sie stecken in den meisten Unternehmensfunktionen zwar noch in den Kinderschuhen. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sie Alltag werden, da sie weitere wesentliche Produktivitätsfortschritte versprechen. Da spätestens ab diesem Punkt nicht mehr nur einzelne Aufgaben automatisiert werden, sondern komplette Rollen im Unternehmen, wird sich die Frage nach möglichen Arbeitsplatzverlusten dann noch einmal neu stellen. Den Rationalisierungen werden Wettbewerbsvorteile der Unternehmen gegenüberstehen, die schneller am Markt agieren können und deren Produktionskosten sinken werden.