Karriere ja, Verantwortung nein

Was junge Informatiker wollen

04.08.2017
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Worauf kommt es den zukünftigen IT-Berufseinsteigern an? Waren es früher weiche Faktoren wie Work-Life-Balance oder Diversity, stehen jetzt wieder Aufstiegschancen und Gehalt im Fokus, so eine Studie von Trendence.
  • Trendence befragt jährlich IT-Absolventen nach ihren favorisierten Arbeitgebern
  • Dieses Jahr stehen bei den zukünftigen Berufseinsteigern Kriterien wie Aufstiegschancen und Gehalt im Vordergrund

Worauf kommt es den zukünftigen Berufsein­steigern an? Im Rahmen ihrer jährlichen Umfrage unter IT-Absolventen hat Trendence den Informatiknachwuchs nicht nur nach ihren Wunscharbeitgebern befragt, sondern auch nach ihren persönlichen Ambitionen und Erwartungen an zukünftige Arbeitgeber. "Karriere und persönliche Entwicklung sind den Absolventen heute so wichtig wie nie zuvor", beobachtet Holger Koch, Geschäftsführer vom Berliner Trendence Institut.

"Karriere und persönliche Entwicklung sind den Absolventen heute so wichtig wie nie zuvor", beobachtet Holger Koch, Geschäftsführer vom Berliner Trendence Institut.
"Karriere und persönliche Entwicklung sind den Absolventen heute so wichtig wie nie zuvor", beobachtet Holger Koch, Geschäftsführer vom Berliner Trendence Institut.
Foto: Monkey Business Images - shutterstock.com

Waren in den vergan­genen Jahren weiche Faktoren wie Work-Life-Balance oder Diversity als wichtige Kriterien bei der Jobwahl genannt worden, so spielen Aufstiegschancen und Gehalt diesmal eine wichtigere Rolle. "Der Fokus der Bewerber ver­schiebt sich auf das eigene Ego und weg von der Gemeinschaft", interpretiert der Koch die Ergebnisse. "In der Alters­gruppe der Trophy-Kids haben viele die Erfah­rung gemacht, dass sich immer vieles um sie gedreht hat und die Eltern alles für sie tun. Das erwarten sie auch von ihren Arbeitgebern."

Die drei Aspekte Karriere, persönliche Entwicklung und Weiterbildung waren den Absolventen bei der Arbeitgeberwahl noch nie so wichtig, be­reits das dritte Jahr hintereinander bedeutete ihnen das eigene Vorankommen besonders viel.

Allerdings scheuen die befragten Absolventen Risiken und die Übernahme von Verantwor­tung. Ein sicherer Arbeitsplatz etwa in einem Konzern oder beim Staat scheint ihnen attrak­tiver. Dabei gehen die Young Professionals selbstbewusst in die Gehaltsverhandlungen. Als Berufseinsteiger erwarten sie ein üppiges Jahresgehalt von durchschnittlich 47.000 Euro, wobei die Männer mindestens 47.800 Euro verdienen wollen, die Frauen geben sich mit 44.100 Euro zufrieden.

Pragmatischer Nachwuchs

Immerhin sind die Absolventen bereit, für eine überdurchschnittliche Vergütung knapp 41 Stunden in der Woche zu arbeiten. Außerdem ist für viele von ihnen das Image des Arbeitgebers gar nicht so wichtig: Ein gutes Drittel bekundet, auch bei einem Unternehmen mit schlechtem Image anzuheuern, wenn denn das Gehalt stimmt. Weitere 29 Prozent äußern keine dezidierte Meinung dazu, würden sich aber vermutlich mit Geld locken lassen.

Digitalkompetenz nicht selbstverständlich

Erstmals befragte Trendence die Absolventen nach ihren digitalen Skills. Insgesamt 17 Kriterien wurden aufgelistet, darunter "Ich schreibe einen Blog", "Ich nutze Cloud-Dienste" oder "Ich habe bereits eine App entwickelt". Wer mindestens sieben erfüllt, gilt als "digital". Erstaunlicherweise schafften nur 60 Prozent der angehenden IT-Spezialisten diese Hürde. Damit gerät die Annahme, dass alle Digital Natives aufgrund ihres Alters und ihrer Studienwahl Profis in Fragen der Digitalisierung sein müssen, ins Wanken. "Unternehmen sollten bei Bewerbern genau nachfragen, welche digitale Kompetenzen sie mitbringen", rät Koch.

Wenig Experimente bei der Jobsuche

Die Absolventen suchen auch nicht bevorzugt über ihr eigenes Netzwerk nach einem Arbeitsplatz. Nur 34 Prozent der von Trendence Befragten gaben an, dass sie darüber auf Jobangebote aufmerksam werden. Microsoft dürfte also richtigliegen, wenn es klassische Jobbörsen und Postings in Social-Media-Kanälen wie Xing, LinkedIn, Twitter oder Facebook nutzt. Wie die meisten Firmen zahlt Microsoft auch an die eigenen Mitarbeiter Prämien aus, wenn sie erfolgreich Personal vermitteln.

Für eine attraktive Außenwahrnehmung dürfte beim weltgrößten Softwarehersteller auch die Investition in ein modernes Bürogebäude in München gesorgt haben. Personalchef Markus Köhler hat für deutsche Absolventen überwiegend Jobs in Vertrieb, Marketing und Service zu vergeben. Die Softwareentwicklung findet an den Standorten in Tschechien, Estland, Serbi­en und Bulgarien statt, wo Arbeitskräfte billi­ger sind.

"Wir unterstützen auch Bewerber, die für uns in den USA arbeiten möchten", betont Köhler. Doch fundierte IT-Kenntnisse sollten auch die Vertriebsmitarbeiter hierzulande mitbringen. "Einen technischen Hintergrund oder ein In­formatikstudium brauchen Bewerber, die in der Kundenberatung für unsere Cloud-Dienste arbeiten", so Köhler.

Frauen risikobereiter als Männer

Zum Schluss ein Blick auf die Vorlieben weiblicher und männlicher Bewerber - nicht nur beim Gehalt gibt es Unterschiede. Zwar ent­scheiden sich auch die IT-Absolventinnen mehrheitlich für Google als Arbeitgeber der Wahl, doch sie wählen SAP auf den zweiten und BMW auf den dritten Rang. Daimler/Mer­cedes-Benz schneidet bei den IT-Expertinnen mit einem fünften Rang noch besser ab als in der Gesamtwertung (Platz acht). Auch Fraunho­fer schafft es bei den Frauen in die Top Ten und landet auf Platz acht. (hk)

Top 10 der Beliebtesten Arbeitgeber

1. Google

2. Microsoft

3. BMW

4. SAP

5. Apple

6. Blizzard Entertainment

7. Audi

8. Daimler

9. Porsche

10. Amazon