Übernahme erfolgreich

Was Elon Musk mit Twitter vorhat

26.04.2022
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Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Sobald der 44-Millarden-Dollar-Deal abgeschlossen ist, will Elon Musk signifikante Verbesserungen an Twitter vornehmen. Hier ein Überblick, was kommen könnte.
Elon Musk kann sich alles (fast) kaufen, sogar eine eigene Social-Media-Plattform.
Elon Musk kann sich alles (fast) kaufen, sogar eine eigene Social-Media-Plattform.
Foto: Koshiro K - shutterstock.com

Was zunächst als Scherz eines exzentrischen Milliardärs abgetan wurde, ist nun Realität: Knapp zwei Wochen, nachdem Elon Musk Twitter ein Übernahmeangebot unterbreitet hatte, erklärte sich der Verwaltungsrat am Montag bereit, die Social Media Plattform an den CEO von Tesla und SpaceX zu verkaufen. Musk zahlt für Twitter die von Anfang an gebotenen 54,20 Dollar pro Aktie oder insgesamt 44 Milliarden Dollar in bar. Wenn das Geschäft zustande kommt und ausreichend Aktionäre ihre Anteile verkaufen, verlässt der Kurznachrichtendienst die Börse und wird Teil des wachsenden Musk-Imperiums.

Aber was hat Musk mit Twitter vor? In einer Pressemitteilung erklärte der mit Abstand reichste Mensch der Welt, die freie Meinungsäußerung sei das Fundament einer funktionierenden Demokratie, und Twitter der digitale Marktplatz, auf dem wichtige Themen für die Zukunft der Menschheit diskutiert werden. Anschließend ging er etwas tiefer ins Detail: "Ich möchte Twitter auch besser machen als je zuvor, indem ich das Produkt mit neuen Funktionen verbessere, die Algorithmen als Open Source zur Verfügung stelle, um das Vertrauen zu erhöhen, die Spam-Bots zu besiegen und alle Menschen zu authentifizieren. Twitter hat ein enormes Potenzial - ich freue mich darauf, mit dem Unternehmen und der Nutzergemeinschaft daran zu arbeiten, es zu erschließen."

Als langjähriger Nutzer mit mehr als 80 Millionen Followern auf Twitter hat sich Musk in der Vergangenheit schon öfter Kritik an der Plattform geäußert und - natürlich via Twitter - Verbesserungsvorschläge gemacht. Wenngleich viele seiner Ideen für Twitter sehr überzeugend klingen: Man darf nicht vergessen, dass Musk hier primär seine eigenen Interessen verfolgt und eventuell auch etwas anderes meint, wenn er zum Beispiel von Meinungsfreiheit spricht. Man denke nur an die Eröffnung der Tesla-Fabrik in Grünheide, wo Musk einige kritische Pressevertreter gleich gar nicht auf das Gelände ließ.

Musks Twitter-Pläne im Detail

Ein Blick in seine Tweets und Äußerungen gibt Aufschluss, was der exzentrische Milliardär tatsächlich vor haben könnte:

1. Weniger Moderation der Inhalte

Musk hat Twitter wiederholt als eine Art öffentlicher Marktplatz der Neuzeit bezeichnet - das digitale Äquivalent eines öffentlichen Forums. In diesem Zusammenhang kritisierte er auch die Entscheidung von Twitter, den ehemaligen Präsidenten Donald Trump nach dem Aufstand im US-Kapitolgebäude am 6. Januar 2021 dauerhaft von der Website auszuschließen. "Eine Menge Leute werden sehr unglücklich sein mit den Hightech-Firmen der Westküsten als faktischem Schiedsrichter der freien Meinungsäußerung", twitterte Musk damals.

Tatsächlich feierten laut Presseberichten etliche US-Konservative den Deal und jubeln, dass nach Jahren der Zensur nun mit Musk die Meinungsfreiheit zurückkehrt. Auch der vor seiner Verbannung sehr eifrige Twitterer Trump erklärte gegenüber Fox News, er hoffe, dass Musk Twitter kauft, "weil er es verbessern wird und ein guter Mann ist". Er selbst plane jedoch nicht, zu Twitter zurückzukehren, sondern verbleibe auf der von ihm initiierten Plattform Truth Social.

Chancen bestehen, dass Twitter dennoch einigermaßen ausgeglichen bleibt und nicht von Musk in ein Sprachorgan für die Republikaner verwandelt wird. "Ich hoffe, dass sogar meine schlimmsten Kritiker auf Twitter bleiben", twitterte er nach der Bekanntgabe seines Erfolgs, "denn das ist, was freie Meinungsäußerung bedeutet."

2. Veränderte, einsehbare Algorithmen

Ein weiterer Punkt, den Musk in der Vergangenheit angesprochen hat, betrifft die Rolle von Twitter bei der öffentlichen Meinungsbildung. Ende März 2022 twitterte er: "Ich mache mir Sorgen, dass die faktische Voreingenommenheit des 'Twitter-Algorithmus' einen großen Einfluss auf den öffentlichen Diskurs hat. Wie können wir wissen, was wirklich passiert?" Im Anschluss befragte er seine Follower, ob sie einen Open-Source-Algorithmus unterstützen würden - dies wurde von 83 Prozent bejaht.

3. Beseitigung von Spam-Bots und Authentifizierung

Wenngleich sich vermutlich schon jeder Twitter-Nutzer über Fake-Accounts und Spam-Bots geärgert hat, bezieht sich dieser Vorschlag eher auf Musks persönliche Probleme auf Twitter. So hat er bereits des Öfteren erklärt, dass er "Krypto-Spam-Bots" loswerden möchte - also Spam-Accounts, die für scheinbar kryptobasierte Betrügereien werben und oft Musks Twitter-Like verwenden. Musk bezeichnete das Spam-Problem auf Twitter als das "lästigste Einzelproblem" bei der Nutzung des Dienstes. Er hat Twitter sogar öffentlich aufgefordert, etwas gegen das Problem zu unternehmen. In die gleiche Richtung geht der Plan, alle echten menschlichen Nutzer zu authentifizieren.

4. Editier-Funktion einführen

Musk fordert - wie zahlreiche andere Nutzer - seit längerem eine Möglichkeit, Tweets direkt nach dem Abschicken zu bearbeiten, etwa um Rechtschreibfehler zu korrigieren oder Links anzupassen. Um hier Druck aufzubauen, führte er im März sogar eine Abstimmung unter seinen Followern durch. Diese waren natürlich mit großer Mehrheit dafür.

Tatsächlich arbeitet die Social-Media-Plattform nach eigenen Angaben bereits seit vergangenem Jahr an dieser Funktion - wenngleich in dem von Twitter gewohnten Schneckentempo. Immerhin soll das Feature in den kommenden Monaten innerhalb von @TwitterBlue Labs getestet werden, um herauszufinden, was funktioniert, was nicht funktioniert und was möglich ist.

Twitter-Übernahme - und das große Ganze?

Relativ unklar ist indes noch, welche Rolle Twitter als Kommunikationsplattform künftig in Musks Imperium aus Tesla, SpaceX, Neuralink, The Boring, Open AI etc. spielen wird. Die immense Summe und der erhebliche Aufwand, den Musk für den Kauf betrieb, deuten an, dass der exzentrische Milliardär in Twitter mehr Potenzial sieht als nur ein neues Spielzeug.