Coronavirus vs. Arbeitswelt

Social Distancing als Chance

Kommentar  31.03.2020
Von 
Alexandre Pachulski ist Co-Founder von Talentsoft.
COVID-19 hat das Arbeitsleben schlagartig verändert. Das Coronavirus beschleunigt Entwicklungen, die im Unternehmensumfeld bisher hauptsächlich in der Theorie erörtert wurden.
Auch wenn COVID-19 von allen Social Distancing in Form körperlichen Mindestabstands erfordert, ist jetzt die Zeit für sozialen Zusammenhalt.
Auch wenn COVID-19 von allen Social Distancing in Form körperlichen Mindestabstands erfordert, ist jetzt die Zeit für sozialen Zusammenhalt.
Foto: KornT - shutterstock.com

"Was passiert hier eigentlich gerade?" Viele, die wegen der COVID-19-Pandemie von heute auf morgen im Home Office arbeiten müssen, dürften sich diese Frage gerade stellen. Ein Ende der Beschränkungen ist derzeit nicht in Sicht - Social Distancing heißt das Gebot der Stunde. Folgende drei Ratschläge können HR-Abteilungen, Führungskräften und Beschäftigten helfen, besser mit der Situation umzugehen.

1. Die Grenze ist passé!

Mit der Verbreitung von Social Media flammte eine Debatte darüber auf, ob sich eine strikte Trennung zwischen dem beruflichen und privaten Leben aufrechterhalten lässt. Gibt es nur noch ein großes Ganzes, in dem sich Menschen zu verschiedenen Zeitpunkten jeweils anders verhalten? Also im Büro in Gegenwart von Kollegen anders als in Gegenwart von Freunden oder zu Hause? Manche argumentierten, dass es sinnvoller sei, zwischen einer "öffentlichen" und einer "privaten" Sphäre statt zwischen Berufs- und Privatleben zu unterscheiden.

Diese ganze Diskussion ist nun obsolet geworden. Mit der Verlagerung der beruflichen Aktivitäten in die eigenen vier Wände, um die Verbreitung des Coronavirus zu verlangsamen, verschwimmen die Grenzen zwischen beruflich und privat recht schnell. Alle, die Kinder haben und sich zuhause nicht in ein eigenes Büro zurückziehen können, wissen, wie schwierig bis unmöglich so eine strikte Abgrenzung ist. Das, was wir seit Jahren gespürt und eher theoretisch diskutiert haben, wird jetzt offensichtlich: Die Arbeit muss sich an unser Leben anpassen anstatt anders herum.

2. Ehrliches Interesse zeigen!

Auch wenn die Umstände ein "Social Distancing" (körperlichen Mindestabstand) erfordern, ist jetzt die Zeit für sozialen Zusammenhalt. Zum Glück ermöglichen die IP- und TK-Infrastruktur Videokonferenzen, Telefonanrufe, Messaging sowie das Senden von E-Mails. Und wir sollten sie nutzen, um Kolleginnen und Kollegen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu fragen, wie es ihnen geht, wie sie mit der ungewohnten Situation zurechtkommen und ihnen zuhören. Ehrlich gemeinte Aufmerksamkeit ist auch aus der Distanz spürbar. Manch einer zieht vielleicht etwas mehr zwischenmenschlichen Abstand vor - was auch in Ordnung ist. Es ist wichtig, die Individualität zu respektieren.

3. Zeit für Personalisierung!

Seit Jahren wird darüber diskutiert, wie wichtig es ist, die persönlichen Lebensumstände von Menschen bei ihren beruflichen Ambitionen zu berücksichtigen. Kein Zweifel, dass jetzt wirklich die Zeit dafür gekommen ist! Wenn wir begreifen, dass jeder die aktuelle Krisensituation anders erlebt, jeweils unterschiedliche Bedürfnisse hat oder jeweils eigenen Zwängen unterliegt, können wir unsere Interaktion entsprechend anpassen. Wir lernen, mit unseren eigenen Einschränkungen und mit denen der anderen flexibel umzugehen.

Fragen Sie doch einfach ihre Kollegen oder ihre Mitarbeiter, was ihnen aktuell am meisten entgegenkommen und helfen würde und reagieren Sie entsprechend. Vielleicht benötigt der eine etwas mehr Freiraum, der andere mehr Struktur, oder eine regelmäßige Ansprache. Das Wichtigste ist, dass jeder merkt, dass sein Wohlergehen Priorität hat und dass er oder sie frei und ohne Druck oder Erwartungen so agieren kann, wie es gerade am sinnvollsten ist. Es liegt an uns, unsere Arbeitswelt gerade neu zu erfinden und einzurichten.