Social-Health-Studie

So senken Sie das Stressniveau Ihrer Mitarbeiter

01.08.2022
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Eine Studie der Universität St. Gallen in Kooperation mit der Barmer hat ermittelt, wie Arbeitgeber das Stresslevel ihrer Mitarbeiter langfristig senken.
Flexible und digitalisierte Arbeitsbedingungen wirken sich auf die Gesundheit der Arbeitnehmer aus. Das sollten Arbeitgeber beachten.
Flexible und digitalisierte Arbeitsbedingungen wirken sich auf die Gesundheit der Arbeitnehmer aus. Das sollten Arbeitgeber beachten.
Foto: Studio Romantic - shutterstock.com

"Im Jahre 2020 wurde mit der Corona-Pandemie eine digitale und agile Zwangsbeschleunigung initiiert", wie es Marco Henn, Hauptgeschäftsführer der Barmer, formuliert. Mobiles Arbeiten sei jetzt Teil der Arbeitswelt geworden und mache es notwendig, noch stärker auf gesunde Verhaltensweisen und Arbeitsbedingungen zu achten.

Gemeinsam mit dem Center for Disability and Integration der Universität St. Gallen wollte Henn wissen, wie sich die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitswelt sowie die Effekte der Digitalisierung und mobiler Arbeit auf die Gesundheit der Mitarbeiter und die Produktivität der Unternehmen auswirken. Dabei wurde vor allem der Bereich des sozialen Wohlbefindens, neudeutsch auch Social Health, analysiert. Ergebnisse stellte Henn im Rahmen einer Online-Konferenz von TÜV-Rheinland und der Computerwoche vor.

Technisches Know-how für die Gesundheit

Eine Bestandsaufnahme der digitalen Kompetenzen der Beschäftigten zeigt, dass durchaus nennenswerte Defizite im Umgang mit wichtigen Technologien existieren. Denn nur etwa die Hälfte der Befragten sagt, dass man damit auf dem Laufenden sei. Immerhin klagten laut Studie etwa ein Fünftel der Befragten über Schlafstörungen und fast ein Zehntel über zunehmenden Stress. Umgekehrt zeige die Studie, so Henn, dass sich "technische Souveränität massiv positiv auf Gesundheit und Leistung der Beschäftigten auswirkt". Die Ergebnisse sollten also Anlass sein, so die Forderung des Barmer-Managers, digitale Kompetenzen im Unternehmen auszubilden und Unsicherheiten zu beseitigen.

Eine besondere Rolle komme dabei den Führungskräften zu, kommentiert Henn. Wenn diese nicht in der Lage seien, digital zu kommunizieren und sich davor drückten, weil sie es zum Beispiel viele Jahre anders praktizierten, stiegen Stress und Unsicherheit in der Belegschaft. Das Schlimmste sei indes, "nicht zu kommunizieren", weiß der Gesundheitsexperte, so entstünden Angst und Interpretationsspielräume, die sich nicht unbedingt positiv auf das Betriebsklima auswirkten. Es brauche Chefs mit dem Mindset, dass die Mitarbeiter im Home-Office fleißig und produktiv seien. Die Führungskraft sollte also die Einstellung mitbringen, dass sein Mitarbeiter bestrebt ist, nicht nur im Büro, wo der Chef ihn täglich sieht, die beste Leistung abzuliefern. Dazu brauche es aber keine neuen Chefs, beruhigt Henn.

Arbeitgeber müssten sich auch um diese Zielgruppe kümmern. Wichtig sei vor allem, dass die Führungskräfte empathisch sind, also ein ehrliches Interesse an ihren Mitarbeitern haben. Henn berichtet zum Beispiel, dass er halbstündige Gespräche mit seinen Mitarbeitern eingeführt habe, in denen es nur um deren Wohlbefinden gehe. "Ich äußere keine Wünsche, es gibt keine Appelle, ich höre nur zu, und frage, wie ich als Führungskraft helfen kann." Im Nachhinein habe sich gezeigt, dass dieses Format eine gute Maßnahme in der Kategorie Mitarbeiterbindung war und ist.

Arbeitnehmer brauchen Feedback und eine gute Work-Life-Balance

Vor allem jüngere Mitarbeiter seien an einem regelmäßigen Feedback interessiert. Sie strebten weniger die schnelle Karriere an, so Henns Beobachtung. "Vielmehr wollen sie nach ihren Talenten und Wünschen eingesetzt werden, damit sie das tun können, was sie gut beherrschen und in einem Teamgefüge arbeiten, in dem sich der eine um den anderen kümmert."

Um Stress zu reduzieren, sei es weiterhin unbedingt notwendig, dass die Mitarbeitenden die Grenze zwischen Arbeits- und Privatleben ziehen. "Meine dringende Empfehlung lautet, in die Grenzziehungskompetenz der Beschäftigten zu investieren", so Henn. Strukturierte Formate, die ein Selbstverständnis zur Trennung von Privat- und Berufsleben ermöglichen, zahlten sich auf jeden Fall aus. So ließen sich Missverständnisse vermeiden und die Mitarbeiterbindung verbessern.

Letztlich komme es darauf an, dass Arbeitgeber ihre Beschäftigten "aktiv begleiten und befähigen" müssen und zwar auf den drei Gebieten: Kommunikation, Qualifikation und Technik, so die Studie. Die Effekte, wenn sich Unternehmen um diese Bereiche kümmern, sind "beeindruckend positiv", schreiben die Studienautoren. So habe die Produktivität um acht Prozent und die Arbeitszufriedenheit um 15 Prozent zugenommen, die Unsicherheit dagegen um fast zehn Prozent abgenommen in Unternehmen, in denen Support-Maßnahmen und Schulungen organisiert wurden.

Social-Health-Studie

Die gemeinsame Untersuchung der Universität St. Gallen und Barmer kann unter diesem Link (PDF) heruntergeladen werden. (mp)