Vom Druckerhersteller zum IT-Service-Anbieter

So meistert Konica Minolta die digitale Transformation

30.10.2019
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Vor allem das produzierende Gewerbe nutzt hierzulande IoT. Dabei steht die Optimierung der eigenen Prozesse im Vordergrund. Innovationen wie neue Services, die mit IoT realisiert werden, spielen eine untergeordnete Rolle.
Shoei Yamana, CEO und President Konica Minolta, will künftig auch mit IT-Services und Edge Computing Geld verdienen.
Shoei Yamana, CEO und President Konica Minolta, will künftig auch mit IT-Services und Edge Computing Geld verdienen.
Foto: Konica Minolta

Neben den Anwendern steht auch die IT-Industrie selbst vor den Herausforderungen der digitalen Transformation - wie etwa der Druckerhersteller Konica Monolta. Der Konzern geht davon aus, dass das bislang lukrative Print-Business - in EMEA setzt die Branche jährlich 41 Milliarden Dollar um - künftig um zwei Prozent pro Jahr schrumpft. Ein Marktrückgang, den das japanische Unternehmen dadurch kompensieren will, indem es sich breiter aufstellt.

Strategische Ausrichtung

Dabei hat Shoei Yamanna, President und CEO von Konica Minolta, drei strategische Richtungen im Blick: So will das Unternehmen mit IT-Services punkten und tritt damit in Konkurrenz zu klassischen Systemhäusern. Ferner wollen die Japaner im Edge-Computing-Business mitmischen und echte All-in-One-IoT-Lösungen offerieren. Ein weiterer Zukunftsmarkt ist für Yamanna das Thema Augmented Reality. Hier bringt man eigene Smart Glasses auf den Markt.

Ideen und Konzepte, die auf den ersten Blick nicht unbedingt Innovationspreis-verdächtig sind. Aber das ficht Yamanna wenig an, "denn wir verstehen uns nicht als first mover, sondern wir wollen Technologie reif und für den Anwender sinnvoll nutzbar machen." Die besonders langfristigen Kundenbeziehungen sind ein weiteres Pfund, das der CEO im Wettbewerb in die Waagschale wirft.

Schließlich hätten die Anwender bei Konica Minolta langjährig die gleichen Ansprechpartner und müssten sich nicht wie bei US-amerikanischen IT-Firmen halbjährlich an neue Geschäftspartner gewöhnen. Und zu guter Letzt unterscheide man sich von den datengetriebenen IT-Großunternehmen, da man nicht das Geschäftsziel habe, möglichst viele Daten zu sammeln, sondern die Daten vor Ort analysiere.

IT-Services als zweites Standbein

Mit den IT-Services, die mittlerweile 20 Prozent zum Umsatz beitragen, positioniert sich das Unternehmen als Full Stack Provider, der in den Wettbewerb zu Systemhäusern wie Bechtle oder Computacenter tritt. Dabei liegt das Interesse weniger im Lizenzgeschäft, als vielmehr in der Vermarktung von Managed Services sowie Infrastruktur-, Security- und Storage-Lösungen.

Letztlich soll der Mittelstand so in Konica Minolta einen Partner finden, der ihm sein IT-Portfolio vom Drucker bis hin zu Managed Servcies aus einer Hand offeriert und im Buhlen um IT-Fachkräfte entlastet. Am Aufbau einer entsprechenden Serviceorganisation, um diese Dienste vermarkten zu können, arbeitet Konica Minolta seit sechs Jahren und hat hierzu in diversen Ländern IT-Dienstleister zugekauft. Eigene Dependancen unterhält der Konzern neben Deutschland in den nordischen Ländern, Tschechien, Frankreich Großbritannien, Belgien, den USA sowie Kanada.

Langes, ermüdungsfreies Arbeiten verspricht Konica Minolta mit seiner AIRe Lens.
Langes, ermüdungsfreies Arbeiten verspricht Konica Minolta mit seiner AIRe Lens.
Foto: Konica Minolta

Den Anspruch eines Full-Stack-Providers untermauert Konica Minolta zudem mit seinem Edge-Computing-Angebot. Hier hatten die Japaner eine pfiffige Idee. Im Rahmen des Workplace-Hub-Konzepts dienen ihre Drucker künftig gleichzeitig als Edge Server, auf denen unterschiedliche IT-Anwendungen gehostet werden können. Unter der Bezeichnung Workplace Hub Edge ist die Lösung auch für den Einbau in Racks erhältlich. Gerade Mittelständler sollen so auf eine eigene IT verzichten können.

Bei der Wahl der Anwendungen verfolgt Konica Minolta nach eigenen Angaben einen Best-of-Breed-Ansatz. Im Zuge des Edge-Konzepts bietet man etwa ein WLAN-Management an, aber auch Backup-Lösungen von Minolta. Dabei reicht das App-Angebot von Office 365 über ERP- und CRM-Lösungen hin bis zu Datenbanken sowie Collaboration- und Kommunikationsangebote wie Swyx, Skype oder Teams. Online-Software und Apps sind desweiteren über den Konica Minolta MarketPlace erhältlich.

Die Daten können dabei sowohl lokal als auch in der Cloud gespeichert werden. Für die Sicherheit sorgt eine Sophos XG Firewall. Die Hardware selbst basiert auf einem Gen10-Server von HP Enterprise. Mit dieser All-in-One-Plattform will man laut Keiji Okamoto, President Konica Minolta Business Solutions Europe, vertikale Märkte bedienen.

Tools für die Industrie 4.0

In Sachen IoT/Industrie 4.0 offerieren die Japaner mit der Reifegradanalyse Industrie 4.0 eine standardisierte Vorgehensweise zur Ermittlung des Status der Fertigung, beziehungsweise der Digitalisierung eines Unternehmens. Zusätzlich soll die Reifegradanalyse die Identifizierung vorhandener Potentiale zur Integration digitaler Technologien im Fertigungsprozess ermöglichen. Eine IoT-Plattform ähnlich der Siemens MindSphere haben die Japaner allerdings nicht und planen dies auch nicht. Dagegen bieten sie die entsprechenden Tools an, wie etwa die Smart-Glass-Eigenentwicklung AIRe Lens.

Die intelligente Augmented-Reality-Brille ist eine europäische Entwicklung und stammt aus dem Business Innovation Center in tschechischen Brünn - einem von weltweit fünf Forschungs- und Innovationszentren des Konzerns. Auch hier betont Konica Mionolta selbstbewusst seine Rolle als second mover, denn so habe man die Fehler, die Wettbewerber mit den ersten Generationen ihre Smart Glasses machten, vermieden. So sei etwa das Brillenmodul nur 35 Gramm schwer und besitzt eine im Gestell integrierte Kamera, was im Gegensatz zur Konkurrenz wirklich ein langes Arbeiten mit der Brille ohne Ermüdungserscheinungen erlaube. Das transparente Display lässt sich mit Hilfe dieser Kamera über einfache Gesten, per Knopfdruck über die am Gürtel befestigte Controller-Box, oder auch über den Steuerknopf am Armband bedienen.