Internationale Studie zu Zahlungsverfahren

PSD2: Deutsche bevorzugen Passwörter statt Biometrie

20.08.2019
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Ab September verpflichtet die Zahlungsrichtlinie PSD2 Händler und Zahlungsdienstleister zur starken Kundenauthentifizierung. Deutsche Verbraucher bevorzugen dabei aktuell Passwörter und PIN. Bei biometrischen Verfahren sehen sie zwar die Vorteile, stehen dem Einsatz eher ablehnend gegenüber.
Deutsche Verbraucher fürchten, dass mit biometrischen Bezahlvorgängen die Zahl der Identitätsdiebstähle ansteigt.
Deutsche Verbraucher fürchten, dass mit biometrischen Bezahlvorgängen die Zahl der Identitätsdiebstähle ansteigt.
Foto: Monster Ztudio - shutterstock.com

Kurz vor Inkrafttreten der PSD2 (ein FAQ rund um PSD2 finden Sie hier) untersucht die aktuelle Studie "Lost in Transaction" von Paysafe - einem Anbieter von End-to-End-Payment-Lösungen -, was Verbraucher über neuartige Wege der Identifizierung denken und welche Zahlungsarten sie bevorzugen. Schließlich schreibt die PSD2 ab September eine starke Kundenauthentifizierung vor. Im Rahmen der Studie wurden 6.000 Verbraucher in Deutschland, Österreich, Großbritannien, den USA, Kanada und Bulgarien befragt.

Vorbehalte gegen Biometrie

Experten gehen davon aus, dass mit der Pflicht zur starken Kundenauthentifizierung die Bedeutung von biometrischen Authentifizierungsverfahren steigen wird. Die meisten Verbraucher tun sich mit solchen Verfahren jedoch noch schwer, wie die Studie zeigt: 61 Prozent der deutschen Consumer äußern die Sorge, dass durch den Einsatz von Biometrie bei Bezahlvorgängen Identitätsdiebstähle stark ansteigen könnten. Unter den weltweit Befragten sind nur 56 Prozent dieser Meinung.

PIN und Passwort bevorzugt

Lediglich 40 Prozent der deutschen Verbraucher zahlen beim Online Shopping per Kreditkarte.
Lediglich 40 Prozent der deutschen Verbraucher zahlen beim Online Shopping per Kreditkarte.
Foto: Denys Prykhodov - shutterstock.com

Entsprechend bevorzugt mit 83 Prozent die große Mehrheit der Deutschen Sicherheitsmaßnahmen auf Basis von etwas, das sie wissen, wie etwa Passwort oder PIN. Biometrie liegt allerdings bereits auf Platz zwei: 73 Prozent der Deutschen fühlen sich wohl damit, ein Element zu nutzen, das einzigartig für ihre Person ist, beispielsweise Fingerabdruck, Gesicht oder Stimme. Am wenigsten beliebt ist mit 44 Prozent die Identifizierung mit dem Mobilgerät. Entsprechend den Anforderungen der 2-aus-3-Faktor-Authentifzierung von PSD2 (erklären), nannten die Befragten jeweils die zwei Maßnahmen, die sie bevorzugen.

Wie die Vorbehalte gegenüber der neuen Technologie vermuten lassen, ist die Anwendung von biometrischen Verfahren in Deutschland bislang nur wenig verbreitet: Über die Hälfte der deutschen Befragten (51 Prozent) nutzt kein biometrisches Verfahren, wenn sie sich bei einem Online-Kauf oder der Nutzung eines Online-Dienstes identifizieren. Der Einsatz von Fingerprint-Sensoren ist mit 39 Prozent noch am weitesten verbreitet unter den Deutschen.

Unsichere Biometrie?

Eine Einsatzmöglichkeit von Biometrie ist die eigene Stimme, um etwa im Smart Home Zahlungen abzuwickeln. Aber auch hiermit tun sich deutsche Verbraucher schwer: Während 60 Prozent Deutschen befürchten, dass ihre Bankdaten bei der Verwendung von stimmengesteuerter Technologie wie Alexa oder Google Home nicht sicher sind, denken dies nur 49 Prozent der Briten.

Warum verwenden deutsche Verbraucher ihre biometrischen Daten bislang so selten zur Identifizierung bei Online-Käufen? Laut der Studie von Paysafe geht es vor allem um den Datenschutz: 40 Prozent der befragten Bundesbürger, die biometrische Verfahren ungern anwenden, möchten vermeiden, dass Unternehmen Zugriff auf ihre persönlichen biometrischen Daten bekommen. 32 Prozent wissen nicht genug über dieses Verfahren, um ihm zu vertrauen. 28 Prozent halten es nicht für sicher.

Unsicher - aber auch praktisch

Gleichzeitig sehen die Befragten in der Studie "Lost in Transaction" durchaus auch die Vorteile von biometrischen Verfahren bei Online-Käufen. 44 Prozent der Deutschen halten biometrische Methoden bei Bezahlverfahren für praktischer, als wenn sie Passwörter eingeben müssen. 41 Prozent der Deutschen denken, es sei schneller, und immerhin ein Drittel (33 Prozent) der Deutschen hält es für sicherer als andere Verfahren.

Eine Erklärung für dieses gespaltene Meinungsbild könnte sein, dass Online-Nutzer und Bankkunden seit vielen Jahren an Passwörter gewohnt sind und deshalb die relativ neue Biometrie-Methode für unsicher halten. Unter anderem auch, weil sie oft auch noch wenig darüber wissen. Deshalb sollten Handel und Zahlungsdienstleister nach Ansicht der Studienautoren verstärkt darüber aufklären, dass biometrische Verfahren bequem und sicher sind. Gerade hinsichtlich der Vorgaben von PSD2 zur starken Kundenauthentifizierung sei dies entscheidend. Schließlich eröffne die biometrische Identifizierung - weil sie so einfach ist - die Chance, die Abbruchquote beim Bezahlvorgang zu verringern.

Deutsche Online-Kunden zahlen gern traditionell

Die Paysafe-Studie zeigt zudem noch grundsätzliche Unterschiede zum Bezahlverhalten in den einzelnen Ländern auf. Während nur 40 Prozent der Deutschen mit ihrer Kreditkarte im letzten Monat etwas online gekauft zu haben, waren es in Kanada 64 Prozent, und in den USA 51 Prozent. Dagegen ist Deutschland mit 35 Prozent Spitzenreiter bei der Verwendung von Online-Wallets wie PayPal. Ebenfalls weit vorne liegen Deutsche und Österreicher bei der Bezahlung auf Rechnung oder in Raten: 23 Prozent der Deutschen haben im letzten Monat auf diese Weise etwas online gekauft, in Österreich waren es 25 Prozent. Zum Vergleich: In den USA nutzen nur 5 Prozent der Befragten diese Bezahlmethode.