Künstliche Intelligenz
KI revolutioniert das Steuerwesen
Datum:27.02.2018
Autor(en):Christiane Pütter
Ob Umsatzsteuer, Risiko-Management oder Zoll – künftig werden KI-Systeme Arbeiten
von Steuerfachleuten übernehmen. Diese These stammt vom Deutschen Forschungszentrum
für Künstliche Intelligenz (DFKI).Das Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) identifiziert in der Studie "Künstliche Intelligenz im Steuerbereich" sieben Bereiche, in denen KI-Systeme Arbeiten von Steuerkanzlei und Steuerverantwortlichen in den Firmen übernehmen könnten. Die Analyse entstand auf Initiatve des Münchener Steuerberaters WTS und versteht sich als exploratives Thesenpapier.
Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und der Berater WTS
skizzieren den Steuerarbeitsplatz der Zukunft.
Foto: DFKI/WTS Group
Professor Wolfgang Wahlster erwartet "in nicht allzu ferner Zukunft" Stellenanzeigen wie "KI-Experten dringend gesucht: Einsatzbereich Steuerabteilung". Er spricht von einer Revolution im Steuerbereich. Konkret geht es um die Felder Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Körperschaftssteuer sowie Zoll, Verrechnungspreise, Risiko-Management und International Tax. Diese könnten künftig durch Machine Learning, Process Mining, Informationsextraktion, Wissensmanagement, Sprachverarbeitung und multimodale Systeme unterstützt werden.
Sechs Einsatzbereiche mit Anwendern definiert
Die Studienautoren sehen sich nicht als reine Theoretiker, daher haben sie nach eigenen Angaben in vier Konzernen - Audi, Bosch, Eon und Henkel - bereits Anwendungsszenarien durchgespielt. Daraus leiten sie einen "Steuerarbeitsplatz der Zukunft" ab. Kanzleien und Steuerabteilungen in den Unternehmen könnten Künstliche Intelligenz in sechs Punkten einsetzen:
1. Erkennung von Anomalien bei der Ausnutzung von Freihandelsabkommen im Bereich Zoll
2. Automatisierte Zuteilung von Steuerkennzeichen und Identifizierung von Inkonsistenzen bei der Zuweisung
3. Prüfung des Quellensteuerabzugs nach dem Paragrafen 50 a Einkommenssteuergesetz
4. Prüfung von Rechnungen im Bereich Umsatzsteuer
5. Anomalie-Erkennung in Massendaten im Bereich Umsatzsteuer
6. Intelligente Steuerassistenz im Bereich Lohnsteuer
Beispiel für eine Anwendung
Dazu liefern die Forscher einen Use Case: Werden Waren zolltariflich angemeldet, können KI-Technologien zur Informationsextraktion unterstützen, konkret mittels Text Mining in Verbindung mit optischer Zeichenerkennung. Das entspricht einer intelligenten Automatisierung von Routineaufgaben, die vergleichsweise komplex sind, aber nur geringe soziale Intelligenz, Kreativität und Umgebungsinteraktionen erfordern. Professor Peter Fettke, der die Studie geleitet hat, betont: "In der steuerlichen Gestaltungs- und Durchsetzungsberatung ist es hingegen aktuell nicht vorstellbar, dass die Steuerberatung vollständig durch intelligente Steuerlösungen ersetzt wird."
Die Forscher schildern modellhaft, wie KI unterstützen kann.
Foto: DFKI/WTS Group
Ein weiterer Use Case dreht sich um Sachzuwendungen im Bereich Lohnsteuer, die der Steuerberater beurteilen muss. KI-Lösungen können ihn bei der Dokumentenanalyse, Informationsextraktion und Klassifikation unstrukturierter transaktionaler Daten unterstützen.
[Hinweis auf Bildergalerie: Machine Learning - Technologien und Status quo] gal1
Das DFKI hält "enorme Produktivitätssteigerungen und Qualitätsverbesserungen" für möglich. Demzufolge seien "weitreichende Veränderungen des Tätigkeitsspektrums innerhalb der Steuerberatung zu erwarten". Wahlster, Fettke und ihre Kollegen kündigen an, auf diesem Gebiet weiterzuforschen.
Bildergalerien im Artikel:
gal1 Machine Learning - Technologien und Status quoBilderkennung ist wichtigstes Anwendungsgebiet für Machine Learning
Heute kommen Machine-Learning-Algorithmen vor allem im Bereich der Bildanalyse und -erkennung zum Einsatz. In Zukunft werden Spracherkennung und -verarbeitung wichtiger.
Foto: Crisp Research, Kassel
Machine Learning im Anwendungsbereich Customer Experience
Heute spielt Machine Learning im Bereich Customer Experience vor allem im Bereich der Kundensegmentierung eine Rolle (hellblau). In Zukunft wird die Spracherkennung wichtiger (dunkelblau).
Foto: Crisp Research, Kassel
Machine Learning in den Bereichen Produktion und Prozesse
Unternehmen erhoffen sich im Bereich Produktion/Prozesse heute und in Zukunft (hell-/dunkelblau) vor allem im Bereich Prozessoptimierung positive Effekte durch Machine Learning.
Foto: Crisp Research, Kassel
ML im Bereich Kundendienst und Support
Sentiment-Analysen werden eine Kerndisziplin für Machine Learning im Bereich Kundendienst und Support
Foto: Crisp Research, Kassel
Auch IT-Abteilungen profitieren
Schon heute wird Machine Learning für die E-Mail-Klassifizierung und Spam-Erkennung genutzt. In Zukunft (dunkelblau) werden Diagnosesysteme wichtiger.
Foto: Crisp Research, Kassel
Was Management, Finance und HR von Machine Learning erwarten
Heute und in Zukunft ist in diesem Bereich das Risikomanagement eine vorrangige ML-Disziplin. In Zukunft soll auch das Talent-Management beflügelt werden.
Foto: Crisp Research, Kassel
Massive Effekte für Einkauf und Supply Chain Management
Machine Learning wird sich auf verschiedenste Bereiche des Procurements und des Supply Managements auswirken (hellblau = heute; dunkelblau= in Zukunft)
Foto: Crisp Research, Kassel
Diese Lernstile sind bekannt
Beim bekanntesten Lernstil, dem Überwachten Lernen (Supervised Learning), werden Bildern oder Dokumenten von Hand eine gewisse Menge an Tags oder Labeln zugewiesen. So werden die ML-Algorithmen trainiert.
Foto: Crisp Research, Kassel
Diese Lernstile verwenden Branchen
Während Autobauer eher auf "Semi-supervised Learning" setzen, sammeln andere Branchen mit Supervised Learning Erfahrung.
Foto: Crisp Research, Kassel
Machine-Learning-Algorithmen
Die meisten Unternehmen setzen auf einen Mix von Verfahren, um ihre vielfältigen Aufgaben zu lösen.
Foto: Crisp Research, Kassel
Einsatz von Machine-Learning-Algorithmen nach Branchen
Neuronale-Netzwerk-Algorithmen finden vor allem im Automotive-Sektor Verwendung - und natürlich in der ITK-Branche selbst.
Foto: Crisp Research, Kassel
Diese Programmiersprachen und Frameworks kommen im ML-Umfeld zum Einsatz
Mit knapp 70 Prozent Einsatzgrad ist Java die führende Programmiersprache im Bereich ML. Allerdings holen speziellere Sprachen und Frameworks auf.
Foto: Crisp Research, Kassel
Deep-Learning- und Machine-Learning-Packages
DeepLearn Toolbox, Deeplearning4j, das Computational Network Toolkit und Gensim werden auf Dauer die führenden Pakete sein.
Foto: Crisp Research, Kassel
Zielinfrastruktur für ML-Workloads
Die Deployments von Machine Learning gehen zunehmend in die Breite und erreichen auch die Cloud und das Internet der Dinge. Auf die Unternehmen kommt mehr Komplexität zu.
Foto: Crisp Research, Kassel
Bedenken und Herausforderungen
Datenschutz und Compliance-Themen machen Anwender am meisten zu schaffen, geht es um den Einsatz von Machine Learning. Außerdem vermissen viele einen besseren Überblick über das Marktangebot.
Foto: Crisp Research, Kassel
Machine Learning ist Sache der BI- und Analytics-Spezialisten
Die organisatorische Einführung von ML obliegt meistens den BI- und IT-Profis. Viele Anwender holen sich aber auch externe Hilfe.
Foto: Crisp Research, Kassel
Wo Externe helfen
Datenexploration, Skill-Aufbau und Implementierung sind die Bereiche, in denen Machine-Learning-Anfänger am häufigsten externe Hilfe suchen.
Foto: Crisp Research, Kassel
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