5G-Ausbau

Kanada setzt Huawei und ZTE auf die schwarze Liste

20.05.2022
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Mit Kanada schließt ein weiteres westliches Industrieland die chinesischen TK-Ausrüster Huawei und ZTE vom Ausbau seiner 5G-Mobilfunk-Infrastruktur aus. Doch auch das von den USA propagierte Open-RAN ist nicht sicher.
Nach den USA hat nun auch Kanda Huawei und ZTE auf die schwarze Liste gesetzt und vom 5G-Netzausbau ausgeschlossen.
Nach den USA hat nun auch Kanda Huawei und ZTE auf die schwarze Liste gesetzt und vom 5G-Netzausbau ausgeschlossen.
Foto: Ascannio - shutterstock.com

Mit ZTE und Huawei schließt Kanada die beiden größten chinesischen TK-Ausrüster vom Ausbau seiner 5G-Infrastruktur aus. Diese Beschränkungen hat Francois-Philippe Champagne, Kanadas Industrieminister, verkündet. Die BBC zitiert den Minister in einem Bericht mit den Worten, "der Schritt werde Kanadas mobile Internetdienste verbessern und die Sicherheit der Kanadier schützen".

Der NO-Club der Five Eyes

Damit hat Kanada als letztes der Five-Eyes-Länder ZTE und Huawei vom Netzausbau ausgeschlossen. Die anderen Mitglieder des geheimen Spionagebundes, der auch im Verdacht steht, befreundete Nationen auszuspionieren, hatten die chinesischen Anbieter bereits früher mit Restriktionen belegt. Zum Five-Eyes-Club der Geheimdienste gehören neben Kanada Großbritannien, die USA, Australien und Neuseeland.

Kanadas Begründung

Dementsprechend war Ankündigung Kanadas laut BBC allgemein erwartet worden, da seine Verbündeten Huawei und ZTE bereits von ihren eigenen Hochgeschwindigkeitsnetzen ausgeschlossen hatten. Vor Reportern in der kanadischen Hauptstadt Ottawa erklärte Champagne, die Entscheidung sei nach einer umfassenden Prüfung durch die kanadischen Sicherheitsbehörden und nach Konsultationen mit den engsten Verbündeten gefallen. "Lassen Sie mich ganz klar sagen: Wir werden immer die Sicherheit der Kanadier schützen und alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um unsere Telekommunikationsinfrastruktur zu schützen", fügte er hinzu.

Der Hinweis des Ministers auf die Beratung mit den engsten Verbündeten ist aber lediglich ein freundlicher Euphemismus für die Tatsache, dass die USA schon seit Jahren Druck auf Kanada ausüben, Huawei und andere chinesische Anbieter vom Ausbau der dortigen Netzinfrastruktur auszuschließen. Ein Sprecher der chinesischen Botschaft in Ottawa sagte der Nachrichtenagentur Reuters, dass Peking die von Kanada vorgebrachten Sicherheitsbedenken als "Vorwand für politische Manipulation" betrachte. Der Sprecher Chinas warf Kanada außerdem vor, mit den USA zusammenzuarbeiten, um chinesische Unternehmen zu unterdrücken beziehungsweise zu benachteiligen.

Spionage oder Industriepolitik?

Eine Vermutung, die nicht ganz von der Hand zu weisen ist. Die Spionagevorwürfe gegen einige der größten Technologie- und TK-Unternehmen Chinas wurden in den letzten Jahren besonders laut, als diese Unternehmen ansetzten, westlichen IT- und TK-Konzernen ihren Rang als Platzhirsche auf den jeweiligen Märkten streitig zu machen. Erst im November unterzeichnete US-Präsident Joe Biden ein Gesetz, das Unternehmen, die als Sicherheitsrisiko eingestuft werden, daran hindert, neue Lizenzen für TK-Geräte in den USA zu erhalten.

Unsicheres Open-RAN als Alternative?

Etliche Marktbeobachter vermuten denn auch, dass hinter den Spionagevorwürfen der USA industriepolitische Interessen stecken. Die Amerikaner, so der Vorwurf, wollten mit dem von ihnen favorisierten Open-RAN-Ansatz endlich beim milliardenschweren Ausbau der 5G-Mobilfunknetze selbst mitmischen und daran verdienen. Allerdings kam erst im Februar 2022 eine Studie des BSI zu dem Ergebnis, "dass von einer Vielzahl der in Open-RAN-spezifizierten Schnittstellen und Komponenten mittlere bis hohe Sicherheitsrisiken ausgehen". Des Weiteren ist im Executive Summary der Studie zu lesen, dass sich der "aktuelle Entwicklungsprozess der Open-RAN-Spezifikationen nicht an dem Paradigma von "security/privacy by design/default" orientiert und auch die Prinzipien der mehrseitigen Sicherheit (minimale Vertrauenswürdigkeitsannahmen bezüglich aller Beteiligten) nicht berücksichtigt wurden".

Deutschlands Haltung

Noch hat sich Deutschland nicht zu solchen restriktiven Schritten entschlossen und Huawei und Co. vom Netzausbau ausgeschlossen. Allerdings hat der Bund strenge Zertifizierungsauflagen festgelegt und sich bei der Zertifizierung durch deutsche Behörden eine Art politisches Veto-Recht vorbehalten. In der Praxis sieht es nun so aus, dass die deutschen Mobilfunker in der Regel ihre 5G-Kernnetze ohne chinesisches Equipment ausbauen. Lediglich in den 5G-Antennennetzen kommen dann teilweise Komponenten "Made in China" zum Einsatz.