Cloud-Umstieg mit Tücken

Ist SAPs HR-Cloud bereit für Ihre Organisationsdaten?

12.07.2018
Von   
Michael Scheffler schreibt als SAP HCM Experte über die Möglichkeiten der SAP-Standardlösungen im personalwirtschaftlichen Bereich und setzt dabei den Fokus auf Talentmanagement. Er verfügt über mehr als 20 Jahre IT- bzw. Branchenerfahrung und berät seine Kunden als Managing Consultant in den Bereichen HR/IT-Strategie, HR Digitalisierung, Technologie- und Architekturberatung sowie als Entwickler. Seit 2008 ist er Geschäftsführer der projekt0708 GmbH. Als Podcaster produziert und moderiert er das Format „HR/IT Talk“.
Organisationsmanagement oder Position Management? Der Umstieg von der SAP ERP HCM Suite auf SAP SuccessFactors will gut durchdacht sein – der Vergleich am Beispiel von Organisationsdaten zeigt, worauf es beim Wechsel in die Cloud ankommt.

Die Human Capital Management Suite der SAP geht in die Verlängerung: Eine neue On-Premise-Version des Personalwirtschaftsklassikers soll auf Basis von SAP S/4HANA mindestens bis 2030 unterstützt werden. An SAPs Ziel, HR-Prozesse künftig in die Cloud zu verlagern, ändert das zwar grundsätzlich nichts, aber Anwenderunternehmen haben nun den nötigen Vorlauf, ihren Umstieg zu planen - denn der ist für viele nicht trivial.

Der Umgang mit dem Human Capital Management erfordert viel Fingerspitzengefühl.
Der Umgang mit dem Human Capital Management erfordert viel Fingerspitzengefühl.
Foto: Alexander Supertramp - shutterstock.com

Vor allem die HR-Core-Funktionen bereiten vielen Firmen Kopfzerbrechen. Während SAP SuccessFactors oft als Ergänzung für Talentmanagement-Lösungen gesehen und genutzt wird, geht es bei den Kernfunktionen um einen (schrittweisen) Systemwechsel. Dieser Umstieg greift tief ins Gefüge und in die Grundstrukturen der HR-Prozesse, welche oftmals über Jahre gewachsen sind. Das betrifft insbesondere die im SAP HCM verankerten, personalwirtschaftlichen Stammdaten - und somit auch die Organisationsdaten beziehungsweise das "Organigramm" des Unternehmens. Dessen Strukturen lassen sich nicht einfach eins zu eins in die Datenwolke übertragen, denn die Cloud-Lösung unterscheidet sich sowohl im grundlegenen Ansatz als auch im Datenmodell erheblich von der On-Premise-Lösung.

Organisationsmanagement - der klassische Ansatz

Als Modul der SAP ERP HCM Suite bildet das Organisationsmanagement (OM) die hierarchischen Strukturen des Unternehmens detailliert in Form der sogenannten Aufbauorganisation ab. Das objektorientierte Datenmodell arbeitet dabei mit mehreren Strukturierungselementen - den sogenannten Objekttypen - wie etwa Organisationseinheiten, Planstellen und Personen. Darüber hinaus existieren diverse weitere Objekttypen im SAP Standard und lassen sich bei Bedarf kundenspezifisch frei definieren. Damit lassen sich disziplinarische Hierarchien über beliebig viele Ebenen darstellen.

Die funktionale Beschreibung der Organisation erfolgt über die Stellen- beziehungsweise Jobarchitektur. Hierbei wird der Objekttyp Stelle, welcher quasi als "Jobbeschreibung" dient, im Verhältnis 1:n den jeweiligen Planstellen zugeordnet. Die Objekttypen Jobfamilie und Funktionsbereich strukturieren entsprechend den Stellenkatalog - also die Gesamtmenge aller Stellen. Weitere Attribute beziehungsweise Infotypen komplettieren die im SAP OM abgebildeten Strukturen und reichern diese um relevante Daten an, zum Beispiel im Hinblick auf wie Vorschlagswerte für die Personaladministration, Kontierungsinformationen, usw. Auf diesem Wege werden neben Auswertungen auf Basis der Aufbauorganisation, zum Beispiel FTE- und Headcount-Reporting, funktionale Fragestellungen möglich wie etwa: "In welchen Abteilungen weicht die Soll- von der Ist-Bezahlung ab?" Oder: "In welchen Unternehmensbereichen sind die für die Organisation wichtigen Schlüsselpositionen angesiedelt?"

Aufbauorganisation / Stellen- bzw. Jobarchitektur
Aufbauorganisation / Stellen- bzw. Jobarchitektur
Foto: projekt0708 GmbH

Darüber hinaus lassen sich komplexe Anforderungen im Berechtigungswesen mittels struktureller und/oder kontextbezogener Berechtigungen realisieren, so dass zum Beispiel eine Führungskraft im Rahmen von SAP Manager Self-Services (MSS) beispielsweise nur auf ihren individuellen Verantwortungsbereich zugreifen kann. Ferner dient das SAP OM als Grundlage für (automatisierte) Workflows wie beispielsweise Genehmigungsprozesse, zum Beispiel Urlaubsantrag, Zeitbuchungskorrektur, etc. Weitere Integrationsaspekte innerhalb des SAP Human Capital Managements und darüber hinaus sind im SAP OM Standard gegeben.

Anforderungsprofil (Soll) vs. Mitarbeiterqualifikationen (Ist)
Anforderungsprofil (Soll) vs. Mitarbeiterqualifikationen (Ist)
Foto: projekt0708 GmbH

Als ein Beispiel sei an dieser Stelle das Qualifikations- beziehungsweise Kompetenzmanagement genannt. Hierzu werden Anforderungsprofile (Soll) entlang der Stellen- beziehungsweise Jobarchitektur und ergänzend auf Planstellenebene im SAP System verankert: zum Beispiel Muss-Anforderung: Fremdsprachenkenntnis "Spanisch" in der Ausprägung "Verhandlungssicher". Auf Mitarbeiterebene wird das Ist-Profil an vorhandenen Qualifikationen hinterlegt, zum Beispiel Fremdsprachenkenntnis "Spanisch" in der Ausprägung "Grundkenntnisse". Diese so im System erhobenen Informationen erlauben anschließend Soll/Ist-Vergleiche und analytische Fragestellungen beispielsweise im Rahmen einer strategischen Personalplanung. Aber auch operative Auswertungen hinsichtlich des Weiterbildungsbedarfs werden somit möglich.

Wenn der Talentmanagement-Gedanke die Kernfunktion prägt

Das SAP SuccessFactors Modul Employee Central (EC) umfasst die verschiedenen Core HR-Themen wie Mitarbeiterstammdaten, Zeitwirtschaft, Abrechnung, ESS/MSS Funktionalitäten und schließlich das Position Management, also das Organisationsmanagement aus der Cloud.

Auch bei der Ausgestaltung der Kernfunktionen bleibt SuccessFactors seinem Ansatz treu: Es geht primär um die Unterstützung von strategischem HR und Talentmanagement, weniger um die Abbildung bestehender Hierarchien. Das Position Management ist in erster Linie ein Arbeitsmittel, um Vakanzen zu erkennen, Talente zu entwickeln und die Nachfolge zu planen. Der wesentliche Aspekt dreht sich dabei um die Frage: Welche Kompetenzen, welche Positionen werden für das Geschäftsmodell gebraucht - jetzt und in Zukunft?

Die eigentliche Aufbauorganisation lässt sich, anders als bei der On-Premise Variante, auch ohne Position Management in SuccessFactors abbilden. Die vorgegebene Gliederung umfasst hierbei drei Ebenen:

  1. Unternehmenseinheit,

  2. Geschäftsbereich und Abteilung sowie

  3. die Zuordnung zu Standort und Kostenstelle.

Das On-Premise Organisationsmanagement ist daher nicht ausschließlich mit Position Management gleichzusetzen, sondern eine Mischung aus Abbildung der Organisationsstruktur, sowie dem Position Management, welches der strukturierten Planung der notwendigen Personalressourcen dient und bei der Förderung von Talenten und deren Entwicklung in wichtige Schlüsselpositionen unterstützt. Mit Hilfe des sogenannten "Job Profile Builders" lassen sich Stellenprofile mit den benötigten Qualifikationen und Kompetenzen beschreiben. Über "JobCodes", die beispielsweise Informationen zur Stellenbezeichnung, Stellenart, regelmäßiger Arbeitszeit oder Gehaltsrange enthalten können, werden Planstellen klassifiziert, mit den Stellenprofilen verknüpft und bilden so die Basis für Ausschreibungen im Personalbeschaffungs-Modul (Recruiting). Ferner werden diese in Entwicklungs- und Nachfolgeplänen und somit in den Talentmodulen Succession Management und Goals & Performance herangezogen.

Eine Neuerung gegenüber der SAP On-Premise Lösung findet sich auch im Bereich Berechtigungen. Basis für die Berechtigungsrolle bildet in der Cloud die Organisationsstruktur. Wechselt der Mitarbeiter die Planstelle, passen sich die Berechtigungen automatisch den neuen Attributen an. Die manuelle Verknüpfung der Person mit einer entsprechenden Berechtigungsrolle entfällt.