Identity and Access Management (IAM) führte lange Zeit ein Schattendasein und wurde in Unternehmen eher notgedrungen angegangen. Inzwischen gibt es ein neues Bewusstsein: IAM ist eine zentrale Grundlage des digitalen Geschäfts. Cloud-Services, mobiles Business und Internet of Things (IoT) ist ohne ein umfassendes und zuverlässiges Identitätsmanagement nicht realisierbar.
Branchenkonferenzen wie die European Identity and Cloud Conference (EIC) 2015 zeigen eine deutliche Bewegung bei IAM. Analysten von KuppingerCole oder Forrester Research sprechen von einer neuen Generation von IAM-Lösungen, von wichtigen, neuen Trends im IAM.
Tatsächlich gibt es einen deutlichen Bedarf für eine Fortentwicklung im IAM: Die digitalen Identitäten, die es zu verwalten gilt, befinden sich nicht mehr alleine innerhalb der Firewall-Grenzen der Unternehmen. Digitale Identitäten sind nicht mehr nur verbunden mit internen Nutzern, sondern mit externen Partnern, Kunden, Anwendungen, Schnittstellen, Endgeräten und Maschinen.
Diese vielfältigen Identitäten können und sollen alle miteinander in Beziehung treten können, definiert und sicher, versteht sich. IAM-Lösungen müssen sich durch Skalierbarkeit, Sicherheit, Schnelligkeit und Flexibilität auszeichnen.
Auf Komplexität antworten
Die zunehmende Komplexität bei der Definition und Steuerung der Identitäten und Zugriffe erzeugt ohne geeignete Lösungen hohe Aufwände bei den Unternehmen, aber auch mögliche Risiken, die übersehen werden könnten.
Deshalb sind zwei wichtige Entwicklungen im Identity and Access Management zu verzeichnen: IAM wird zunehmend zu einem User-managed IAM und zu einem Risk-based IAM. Diese Entwicklungen scheinen zu einem gewissen Grad gegenläufig zu sein: Gerade der User ist es, mit dem viele Risiken verbunden sind, der unsichere Geräte einsetzt oder unerlaubte Anwendungen öffnen will. Entscheidet der User, geht dies zu Lasten der Risiken, so scheint es.
Umgekehrt ist es aber auch der Nutzer, der zur richtigen Zeit die jeweils richtigen Berechtigungen für seine Aufgaben braucht und dem aus Gründen des Datenschutzes die Hoheit und Kontrolle über seine Daten (zurück)gegeben werden sollen.
Im Folgenden werden deshalb die Entwicklungen User-managed IAM sowie Risk-based IAM genauer betrachtet und in Verbindung gesetzt, so dass Anwenderunternehmen die richtige Strategie in ihren IAM-Projekten wählen können und Nutzer und Risiken die notwendige Berücksichtigung finden.
Nutzer werden zu Entscheidern
User-managed IAM stellt den Nutzer in doppelter Hinsicht in den Mittelpunkt, einmal um Supportkosten zu senken und die Produktivität zu steigern, zum anderen aber auch, um den Nutzern mehr Kontrolle innerhalb des Identitäts- und Zugriffsmanagement zu geben. Beide Motive lassen sich leicht begründen.
- In zehn Schritten zum IAM
Softwarelösungen für das Berechtigungs-Management, so genannte Identity-Access-Management-Systeme (IAM), haben sich von ihrem früheren reinen IT-Fokus gelöst. Zwar werden über Single-Point-of-Administration, HR-gestütztes Provisioning und rollenbasierte Zugriffskontrolle nach wie vor Kostensenkung und effizientes Benutzermanagement realisiert. Bei den heutigen IAM-Systemen handelt es sich aber vor allem um Business-Collaboration-Plattformen, die auf eine umfassendere Beteiligung der Fachabteilungen an der Zugriffsverwaltung setzen. <br /> Sie eröffnen erweiterte Möglichkeiten für die Umsetzung von Regularien, Gesetzesvorgaben und des Risikomanagements. IAM wird damit zur tragenden Säule im Rahmen der Governance-, Risk- & Compliance-Strategie (GRC) eines Unternehmens. Der folgende 10-Punkte-Plan gibt einen Überblick, worauf bei der Einführung eines IAM-Systems zu achten ist. - Gemischte Projektteams aus IT und Business
IAM ist längst kein reines IT-Thema mehr. Meist können nur Personen außerhalb der IT, die über umfassende Kenntnisse der internen Geschäftsprozesse und der Organisation verfügen, die erforderlichen Informationen zu wesentlichen Aspekten beisteuern: Rollenkonzepte, Genehmigungsstrukturen, Erwartungen an die Nutzeroberflächen oder auch was Barrieren zwischen einzelnen Abteilungen angeht. <br />Projektteams zum Aufbau eines IAM-Systems sollten deshalb stets aus Kompetenzträgern sowohl aus der IT als auch aus dem Business bestehen. - Ziele definieren
Klar definierte Ziele und Dienstleistungen sowie ein eng gesteckter Rahmen zu deren Planung und Überwachung sind Erfolgsfaktoren eines jeden IAM-Projektes. Dies wiederum erfordert eine enge Zusammenarbeit zwischen erfahrenen Mitarbeitern sowohl beim Anwender als auch dem implementierenden IAM-Hersteller. <br />Es ist daher sicherzustellen, dass alle Daten und Ziele miteinander vereinbart und von jedem am Projekt Beteiligten verstanden werden, bevor die Einführung beginnt. Jede spätere Anpassung verlängert das Projekt unnötig, sowohl zeitlich als auch hinsichtlich des Budgets. - Vor Start des Projektes: Aufräumen!
Hohe Datenqualität ist der Schlüssel für erfolgreiches Identity Access Management. Diese Ausgangssituation ist aber keineswegs selbstverständlich, wenn ein entsprechendes Projekt aufgesetzt wird. Viele Unternehmen pflegen die Zugangsberechtigungen für ihre Beschäftigten oft mehr schlecht als recht; nicht selten herrscht beim Thema Rechteverwaltung ein großes Durcheinander. Die Folgen sind fehlende Verbindungen zwischen Konten und den Nutzern, verwaiste Konten, Rechtschreibfehler, etc. <br />Jedes IAM-Projekt beginnt daher mit einer Konsolidierung der User-IDs, bei der die Benutzerkonten ihren Besitzern zugewiesen werden. So spürt man im ersten Schritt sehr schnell verwaiste Konten auf. - Umsetzung in Phasen
Eine IAM-Lösung sollte sowohl alle unternehmensweiten IT-Systeme integrieren können als auch ausreichend skalierbar hinsichtlich der Anzahl der einzubindenden Nutzer sein. Doch muss dies alles nicht auf einmal umgesetzt werden; sinnvoller ist es, das Projekt in erreichbare Zwischenziele aufzuteilen und diese Schritt für Schritt abzuarbeiten.<br /> In der ersten Phase wird dabei nur eine begrenzte Anzahl von Zielsystemen angebunden – idealerweise die wichtigsten; die Anwender nutzen zunächst nur Standardfunktionalitäten. Erste Erfolge sind dadurch schneller sichtbar, was letztlich zum schnelleren Erreichen der vollständigen Projektziele führt. - Anschluss des HR-Systems
Probleme im Bereich der Rechteverwaltung resultieren oft aus unzureichender Koordinierung zwischen Human Resources und IT-Abteilung. Meldet das HR-Team Änderungen in der Personalstruktur oder bei den Stellenbezeichnungen der IT zu spät oder sogar gar nicht, kann dies schwerwiegende Folgen haben: Personen erlangen Zugang zu Konten, obwohl sie aufgrund ihrer neuen Rolle gar kein Recht mehr dazu hätten – oder weil sie das Unternehmen sogar ganz verlassen haben. <br />Eine manuelle, nicht automatisierte Informationspolitik und dezentrales Arbeiten tragen noch dazu bei, dass sich Fehler in den Berechtigungsstrukturen schnell und unkontrolliert ausbreiten. Das HR-System sollte deshalb als erstes mit dem IAM-System verbunden werden, um hier zu einer Automatisierung zu gelangen und damit Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten. - Customizing auf ein Minimum reduzieren
Führende IAM-Anbieter verkaufen nicht bloß ein Toolkit. Basierend auf der Erfahrung aus vielen realisierten Projekten, sind vorkonfigurierte Standardsysteme vielmehr nach dem Best-of-Breed-Ansatz konzipiert. Auf Standardszenarien verzichten, um ein System möglichst individuell an die Gegebenheiten eines Unternehmens anzupassen, sollte deshalb die Ausnahme bleiben. <br />In einem Standardprodukt spiegelt sich bereits das langjährig erworbene Wissen eines Herstellers um die verschiedensten Herausforderungen im IAM-Umfeld und die jeweils beste Lösung wider. Der Einsatz von Standardkomponenten reduziert zudem auch Implementierung und Wartungskosten auf ein Minimum. <br />Kunden sollten sorgfältig prüfen, ob es statt aufwändigem Customizing nicht sinnvoller wäre, die vorgeschlagene Vorgehensweise eines Standardproduktes zu übernehmen und die eigenen Strukturen hinsichtlich der Prozesse, Terminologie und Verantwortung anzupassen. - Rollen implementieren
Das Bündeln von Zugriffsrechten in so genannten "Rollen" reduziert den Administrationsaufwand erheblich und stellt die Grundlage für eine Automatisierung im Bereich der Rechtevergabe dar. Eine Rolle ist die Sammlung einzelner Zugangsrechte, die für eine bestimmte Funktion oder Aufgabe im Unternehmen erforderlich sind.<br /> Role-Mining-Tools bieten Hilfe bei der Definition von Rollen und deren Optimierung über einen kontinuierlichen Prozess hinweg. Hier ist jedoch Vorsicht geboten: Die Einführung von Rollen erfordert mehr als eine einmalige Definition von "Zugriffsrecht-Clustern". - Rollenverantwortliche festlegen
Rollen sind lebende, wandelbare Strukturen, die einem ständigen Überwachungs- und Anpassungsprozess unterliegen sollten. Deshalb benötigen sie einen zugewiesenen Besitzer, der die Verantwortung für ihre saubere Ausgestaltung übernimmt. Er muss die Rollen regelmäßig dahingehend überprüfen, ob aufgrund von Veränderungen in der Organisation oder der IT-Systeme Anpassungen notwendig sind. <br />Was für die IAM-Einführung im Großen gilt, hat deshalb auch für das Thema Rollen Relevanz: Aufteilen eines Rollenprojektes in kleine Teilziele, Einbeziehung von sowohl Business- wie IT-Verantwortlichen. - Top-down-Vorgehen
Ein Risikobewertungssystem ist ein leistungsfähiges Werkzeug, um die einzelnen Objekte im Access Management – Benutzer, Rollen und Konten – in eine sinnvolle Rangfolge abhängig von ihrer Relevanz zu bringen. Ein solches System jedoch für die gesamte Struktur der Zugriffsrechte zu implementieren, kann zu einem zeitaufwändigen und ressourcenintensiven Projekt führen. <br />Es empfiehlt sich ein Top-down-Ansatz, bei dem die Aufmerksamkeit zunächst auf wichtige Aspekte in einem frühen Stadium des IAM-Betriebs gerichtet wird. Zu einer vollständigen Risikobewertung kann das Unternehmen dann im Laufe der Zeit aufschließen. - Schnellere Erfolge auf Fachabteilungsebene
Treiber eines IAM-Projektes sind in der Praxis oft Wirtschaftsprüfer oder IT-Manager. Um eine Akzeptanz über alle Unternehmensbereiche hinweg zu erreichen, sollte ein Anwenderunternehmen im frühen Projektstadium bereits solche Funktionen evaluieren, die sich an den Wünschen und Bedürfnissen des einzelnen Anwenders orientieren. <br />Warum nicht die verfügbaren vorkonfigurierten Workflows für Anfrage oder Passwort-Reset schon einmal anbieten, anstatt damit zu warten, bis die Lösung bei Projektende zu 100 Prozent implementiert ist? Mit diesem Ansatz wird der Nutzen eines IAM-Systems schnell im praktischen Arbeitsalltag für alle – vom Anwender bis zum Management – spürbar, was ein wichtiger Baustein für den Gesamterfolg des IAM-Projektes ist. - Realistisch bleiben
Der 10-Punkte-Plan verdeutlicht es: Moderne IAM-Systeme binden Fachabteilungen ein und verschaffen eine am Geschäftsprozess ausgerichtete und verständliche Sicht auf Identitäten und deren Rechte.<br /> Die Bäume wachsen auch beim Thema Identity Access Management nicht in den Himmel. Erfolgreich sind solche Projekte, bei denen sich die Beteiligten realistische Zwischenziele setzen und Stück für Stück zu einem unternehmensweiten IAM-System vorarbeiten. <br />Dieses erfüllt dann seinen eigentlichen Zweck: die Umsetzung der GRC-Strategie des Unternehmens.
Helpdesks in Unternehmen stehen vor deutlich wachsenden Aufgaben, da die Zahl der Endgeräte, Anwendungen, Services und damit der gewünschten Zugänge und Berechtigungen stark ansteigt. Wie eine IDC-Umfrage ergab, wollen 45 Prozent der Unternehmen in Deutschland die Kosten für ihre IT-Services senken. Einen Weg dorthin bilden die Self-Service-Funktionen bei IAM-Lösungen.
Die Nutzer können die nach ihrer Meinung benötigten Zugänge und Zugriffe beantragen. Innerhalb festgelegter Richtlinien lassen sich solche Anträge automatisch prüfen und freigeben. Nur mögliche Abweichungen von den internen Vorgaben müssen noch durch die IT-Administration oder die Fachvorgesetzten kontrolliert und ggf. freigegeben werden. Betrachtet man, wie hoch der Anteil der Helpdesk-Anfragen zu vergessenen Passwörtern und zu gewünschten Berechtigungen ist, wird schnell deutlich, dass sich dadurch Kosten senken und Abläufe straffen lassen.
Das zweite Argument für den neuen Nutzerfokus im IAM ist die hohe Bedeutung, die dem Datenschutz gerade im deutschsprachigen Raum zugemessen wird. Kunden als externe Nutzer von Online-Diensten zum Beispiel sind besorgt, was mit ihren personenbezogenen Daten geschieht. Transparenz bei der Datenverarbeitung gehört zum Datenschutz unbedingt dazu und erhöht das Vertrauen der Kunden.