IBM und Verdi kooperieren

Die Auswirkungen von KI auf Mitarbeiter

15.10.2019
Von 
Hans Königes war bis Dezember 2023 Ressortleiter Jobs & Karriere und damit zuständig für alle Themen rund um Arbeitsmarkt, Jobs, Berufe, Gehälter, Personalmanagement, Recruiting sowie Social Media im Berufsleben.
Welche Effekte hat der Einsatz von KI am Arbeitsplatz und wie wirkt innovative Technologie auf Arbeitsqualität und employee experience von Beschäftigten? Welche neuen Tätigkeiten entstehen, was fällt weg, und wie ändern sich Kompetenzprofile bestehender Jobs?

All diese Fragen beantwortet derzeit ein sozialpartnerschaftliches Forschungsprojekt, das von IBM und der Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di gemeinsam beauftragt wurde. Durchgeführt wird die Forschung vom Research Centre for Education and the Labor Market (ROA) der Maastricht University und INPUT Consulting gGmbH in Kooperation mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Das Ver.di und IBM KI-Forschungsprojekt rückt, wie die Auftraggeber betonen, die "tatsächlichen Auswirkungen des KI-Einsatzes" in den Fokus, wie sie sich heute schon in betrieblichen Kontexten zeigen. Damit ergänzt das Forschungsprojekt bestehende Forschung zu makroökonomischen Beschäftigungseffekten künstlicher Intelligenz.

In mehreren Fallstudien, die bei und mit Konzernen aus Industrie und Telekommunikation stattfinden, wird empirisch untersucht, wie sich Arbeit heute schon durch KI-Einsatz verändert und wie Beschäftigte diese Veränderung erleben.

In absehbarer Zukunft soll der Chatbot zu fast allen Themen rund um HR und Personalwesen auskunftsfähig sein.
In absehbarer Zukunft soll der Chatbot zu fast allen Themen rund um HR und Personalwesen auskunftsfähig sein.
Foto: metamorworks - shutterstock.com

Die erste Fallstudie, über die sich berichten lässt, ist ein Chatbot, der basierend auf IBM Watson Assistant in der Personalabteilung bei Siemens im Einsatz ist. Ehrgeiziges Ziel des KI-Einsatzes ist, dass der Chatbot "in absehbarer Zukunft zu fast allen Themen rund um HR und Personalwesen auskunftsfähig" ist. 290 HR-Themen habe man identifiziert, auf über 40 kann das System jetzt schon antworten - und das in fünf Sprachen. Der Chatbot ist noch nicht mit automatisierten Workflows verknüpft, er erteilt bislang begrenzt Auskünfte, dennoch zeigen sich Effekte für Beschäftigte: "Der KI-Einsatz, wie er aktuell bei Siemens gestaltet ist, hat positive Effekte auf die Arbeitsqualität von HR-Experten. Die Beschäftigten berichten zudem von einer Zunahme an Produktivität und Effizienz", stellt Marie-Christine Fregin von der Maastricht University fest. Die HR-Experten nähmen den Chatbot als nützliches Assistenzsystem wahr. Sie erfahren Unterstützung und Entlastung, vor allem, weil die KI als sogenannter single point of entry fungiert, sprich, die hunderttausende Siemens-Beschäftigten weltweit hätten eine zentrale Anlauf- und Informationsstelle zu Personalfragen.

"Der KI-Einsatz, wie er aktuell bei Siemens gestaltet ist, hat positive Effekte für auf die Arbeitsqualität von HR-Experten." so Marie-Christine Fregin von er Maastricht University.
"Der KI-Einsatz, wie er aktuell bei Siemens gestaltet ist, hat positive Effekte für auf die Arbeitsqualität von HR-Experten." so Marie-Christine Fregin von er Maastricht University.
Foto: Marie-Christine Fregin

Richtig sei aber auch, dass KI oftmals noch nicht Teil eines integrativen Systems sei. Es bestünden Automatisierungs-Engpässe, die unter anderem darin lägen, dass das Training und die Bereitstellung von Daten für den KI-Aufbau zeitaufwändig sind: "Alltagssprache", Authentifizierung und Datenschutz, Robotic Process Automation (RPA), Speech-to-Text Technologie für den KI-Einsatz in der Telefonie, aber auch Prozessdigitalisierung, Systemnutzung und mehr - das sind einige technologische, organisatorische und kulturelle Engpässe, die den Aufbau einer potenten KI aktuell noch verzögern.

"Perspektivisch wird die KI in der Lage sein, einfache sowie komplexere Aufgaben zu übernehmen", sagt IBM-Personalgeschäftsführer Norbert Janzen. Obwohl bislang keine Substitution menschlicher Arbeit durch KI stattgefunden habe, sei es möglich, dass künftig weniger Menschen gebraucht würden, wenn KI Tätigkeiten tatsächlich übernehme. "Die Arbeitsplätze, die bestehen bleiben, werden andere Tätigkeiten und Kompetenzprofile umfassen als heute", meint der IBM-Personalchef.

Norbert Janzen, Personalschef bei IBM meint: "Perspektivisch wird die KI in der Lage sein, einfache sowie komplexere Aufgaben zu übernehmen."
Norbert Janzen, Personalschef bei IBM meint: "Perspektivisch wird die KI in der Lage sein, einfache sowie komplexere Aufgaben zu übernehmen."
Foto: IBM

Und als Bestätigung seiner Aussage verweist der IBM-Manager auf eine weitere Studie seines Arbeitgebers, in der es heißt, dass bis zu 120 Millionen Mitarbeiter in den zwölf größten Volkswirtschaften der Welt aufgrund von KI und Automatisierung neu ausgebildet oder umgeschult werden müssten. Darüber hinaus gäben nur 41 Prozent der befragten CEOs an, dass sie über die erforderlichen Personen, Fähigkeiten und Ressourcen verfügten, um ihre Geschäftsstrategie umzusetzen. Im Jahr 2016 waren die beiden wichtigsten Fertigkeiten, "technische Kernkompetenzen" sowie "grundlegende Computer- und Software-/Anwendungskenntnisse". Im Jahr 2018 waren die gefragtesten Fähigkeiten dagegen die "Bereitschaft, flexibel, agil und anpassungsfähig an Veränderungen zu sein" und die "Fähigkeiten des Zeitmanagements und der Priorisierung".