Forrester Wave Robotic Process Automation Q2,2018

Das sind die Top-Trends und -Anbieter im RPA-Markt

11.07.2018
Von 


Manfred Bremmer beschäftigt sich mit (fast) allem, was in die Bereiche Mobile Computing und Communications hineinfällt. Bevorzugt nimmt er dabei mobile Lösungen, Betriebssysteme, Apps und Endgeräte unter die Lupe und überprüft sie auf ihre Business-Tauglichkeit. Bremmer interessiert sich für Gadgets aller Art und testet diese auch.
Forrester hat die 15 wichtigsten Anbieter im Bereich Robotic Process Automation (RPA) und ihre Lösungen unter die Lupe genommen. Das Fazit: Auch bei RPA sind frühere Top-Features inzwischen Commodity geworden, es gibt aber noch ausreichend Spielraum für Hersteller, um sich mit ihrer Plattform zu differenzieren.

Die Marktforscher von Forrester gehen davon aus, dass es bis 2021 weltweit mehr als vier Millionen Softwareroboter geben wird, die Büro- und Verwaltungsarbeiten sowie Vertriebs- und verwandte Aufgaben erledigen. Bislang sind es dabei die Fachabteilungen, die die meisten Bots bauen, in den häufigsten Fällen mit Unterstützung von externen Dienstleistern. Die IT wird häufig erst im Nachgang eingeschaltet, obwohl Governance, Roboter-Management und Prozessanalyse eine zunehmend wichtige Rolle spielen.

Auch wenn längst noch nicht alle Unternehmen Robotic Process Automation entdeckt haben: Der RPA-Markt muss smarter werden, um weiter zu wachsen.
Auch wenn längst noch nicht alle Unternehmen Robotic Process Automation entdeckt haben: Der RPA-Markt muss smarter werden, um weiter zu wachsen.
Foto: iQoncept - shutterstock.com

Top-Features von 2017 sind bereits Commodity

Wie die Analysten bei ihren Recherchen zum "The Forrester Wave: Robotic Process Automation, Q2 2018" (erhältlich bei einigen RPA-Anbietern gegen Registrierung) feststellten, folgt der noch junge RPA-Bereich bereits dem Muster anderer Softwaremärkte: Hersteller, die dringend benötigte Features anbieten, schaffen es an die Spitze. Im nächsten Schritt übernehmen dann auch Wettbewerber diese Funktionen und integrieren sie in ihre Plattformen. Innerhalb eines Jahres wurden so RPA-Kernfunktionen wie Anwendungssteuerung, optische Zeichenerkennung (OCR) und Oberflächenautomatisierung sowie ein zentrales Management zum Branchenstandard. Im Vordergrund der diesjährigen Evaluierung der Plattformen standen dagegen Merkmale wie Analytics, Effizienz bei der Bereitstellung, Skalierbarkeit und Governance.

Einen weiteren Differentiator, wenn auch nicht mit den größten Marktchancen, stellen aus Sicht von Forrester die häufig in Call-Centern genutzten Attended-Bots dar. Bei Attended Automation steht der Bot auf der Workstation des Mitarbeiters bereit und wird bei Bedarf durch einen direkten Befehl oder bestimmte Ereignisse im Arbeitsablauf ausgelöst. Im Anschluss erledigt er eine bestimmte Tätigkeit oder übergibt die Aufgabe einem Backoffice-Bot. Aus Sicht von Forrester beherrschen nicht alle RPA-Anbieter diese Integrationen gleich gut. Besondere Aufmerksamkeit erfordere die Steuerung von Frontoffice-Bots.

Ein anderer Punkt, auf den Anbieter und Kunden laut Forrester inzwischen mehr Wert legen, ist die Effizienz beim RPA-Deployment. Der Grund: Während die Bots auf ihren Einsatz warten, laufen im Hintergrund die Kosten für Lizenzen, Infrastruktur oder Support weiter. Mit der zunehmenden Marktreife von RPA versuchten die Unternehmen daher, die Lizenzkosten, sowie die Anforderungen an Ressourcen und Anpassungen zu minimieren. Die Anbieter hätten darauf mit einer verbesserten Bot-Orchestrierung und flexibleren Lizenzansätzen reagiert.

Mandantenfähigkeit für Shared Services und mehr Security

Die Aufteilung von Plattform-Funktionalitäten ist aus Sicht von Forrester ein wichtiges Feature, um RPA als Shared Services zu nutzen, sowie um mehr Sicherheit zu gewährleisten (z. B. separate Funktionen aufgrund von GDPR). Auf Anwenderseite hat sich noch keine klare Meinung herauskristallisiert, ob ein Single- oder Multi-Tenant-Ansatz besser geeignet ist. Einige Unternehmen bevorzugen laut Forrester aufgrund der geringeren Kosten und Komplexität einen Single-Tenant-Ansatz. Andere dagegen wählten Multi-Tenant-Lösungen, weil sie sich dadurch mehr Sicherheit und Kontrolle versprächen.

Allerdings, so das Fazit von Forrester, seien etliche Sicherheitsprobleme noch nicht gelöst. Kritische Themen sind für Forrester etwa eine Zwei-Faktor-Authentifizierung für Bots, der Payment Card Industry Data Security Standard (PCI-DSS) und die Einhaltung des Sarbanes-Oxley-Act (SOX). Dagegen seien verschlüsselte Bot-Zugangsdaten in sicheren Depots nun allgemein verfügbar, verschlüsselte Daten in Automation- Queues, eine Out-of-the-Box-Verbindung zu CyberArk, GDPR-Schutz, Trennung von Benutzer- und Kundendaten von Entwicklern und unabhängige Audit-Berichte mittlerweile ein Muss für RPA-Lösungen.

Mehr Wertschöpfung durch die Kombination von RPA mit KI

Wie Forrester ausführt, wurden in der Anfangsphase mit Roboter-basierter Prozessautomatisierung bevorzugt einfache Prozesse automatisiert, für die das Prinzip der drei Fünfen galt: Weniger als fünf Entscheidungen, weniger als 500 Klicks und weniger als fünf involvierte Apps. Wenn man dabei noch auf Aufgaben mit einem hohen Transaktionsvolumen stieß, war dies eine RPA-Goldgrube. Da solche Aufgaben inzwischen immer schwieriger zu finden seien, müsse RPA smarter werden, um weiter zu wachsen. Forrester zufolge haben das auch die Anbieter verstanden und entsprechend reagiert. Die Marktforscher verweisen dabei auf einige Beispiele:

Text-Mining bei unstrukturierten Inhalten erhöht den Wert von RPA

Typische Anwendungsfelder für eine vorgeschaltete Textanalyse sind Versicherungen, medizinische Antragsformulare, Rechnungen, Bestellungen und E-Mails. Solche Dokumente enthalten unstrukturierte Textfelder, die extrahiert werden müssen, bevor eine RPA-Bearbeitung möglich ist. Dabei kann es sich um einfache Strukturen wie Namen, Zeiten und Orte handeln, aber auch komplexe wie Gefühl, Aufwand und Absicht. Führende Anbieter unterstützen diese Funktion mit Hilfe von Partnerschaften oder nativen Erweiterungen.

Mit besserer Analyse zu niedrigeren Kosten für Bot-Wartung

Es gibt verschiedene Herangehensweisen, um die Wartungskosten bei RPA zu senken. So kann etwa eine Oberflächenautomatisierung, OCR, kombiniert mit maschinellem Sehen und einem einfachen neuronalen Netz, Änderungen für den Bot interpretieren. Bei anderen Ansätzen verbinden sich die Bots über die Objekte oder Labels mit der Anwendung. In beiden Fällen kann ein Alarm an die Kontrollinstanz gesendet werden, mit Hinweisen, wie der Bot angepasst werden muss, damit er wieder funktioniert. Forrester geht davon aus, dass die Analytik diese Veränderungen in zwei Jahren verstehen und den Robotern helfen kann, sich selbstständig anzupassen.

Prozessverbesserung durch Prozessbewertung

Mehrere Anbieter (etwa Infosys, Kryon und UiPath) haben ihre Analysemethoden weiterentwickelt, um eine Prozessverbesserung in Angriff zu nehmen. Dazu werden Process-Mining-Daten mit traditionellen RPA-Desktop-Analyseverfahren kombiniert, um Heat Maps zu erstellen, die das Design und Verhalten des Bots steuern. Dabei werden auch Prozessdaten aus dem Business Process Management (BPM) und Analysen der Customer Journey berücksichtigt.

Unterschiedliche KI-Roadmaps der Anbieter

Forrester fand beim Vergleich der Roadmaps, der Anzahl der aktuellen KI-Projekte und der nativen Tiefe in der Analytik heraus, dass RPA-Anbieter bei der KI-Integration sowohl proprietäre wie auch Open-Source-Ansätze unterstützen. Einige Anbieter wie NICE, Pegasystems und WorkFusion setzen weitgehend auf ihre eigenen Algorithmen, die sie in ihre Produkte integrieren. Andere wiederum docken an KI-Plattformen von Cloud- und Open-Source-Partnern (etwa IBM Watson oder Microsoft Azure ML, respektive Blue Prism und Kryon) an.