Verstoß gegen Netzneutralität

Bundesnetzagentur verbietet Telekom StreamOn und Vodafone Pass – die Folgen

28.04.2022
Von 
Hans-Christian Dirscherl ist Redakteur der PC-Welt.
Schwerer Schlag für Telekom und Vodafone: Die Bundesnetzagentur verbietet die Zero-Rating-Optionen „Telekom StreamOn“ und „Vodafone Pass“. Neu- und Bestandskunden sind betroffen. Kommen nun Tarife mit höherem Datenvolumen oder günstigere Mobilfunkflatrates? Das sagen Telekom und Vodafone.
Telekom StreamOn und Vodafone Pass verstoßen laut Bundesnetzagentur gegen die Netzneutralität.
Telekom StreamOn und Vodafone Pass verstoßen laut Bundesnetzagentur gegen die Netzneutralität.
Foto: Telekom

Die Bundesnetzagentur hat mitgeteilt, dass es die Zero-Rating-Optionen (auch als „Nulltarif-Optionen“ bezeichnet) „Telekom StreamOn“ und „Vodafone Pass“ verbietet. Beide Mobilfunkunternehmen dürfen diese Angebote, die in Mobilfunkverträgen enthalten sind beziehungsweise dazugebucht werden können, bald nicht mehr für Neukunden anbieten. Bei laufenden Bestandskundenverträgen müssen „Telekom StreamOn“ und „Vodafone Pass“ bis zu einem Stichtag beendet werden.

Die Begründung

„Die Angebote verstoßen gegen die Netzneutralität, weil sie den Datenverkehr nicht gleich behandeln“, begründet die Bundesnetzagentur ihre Entscheidung. Die Behörde unter ihrem neuen Chef Klaus Müller hofft: „Wir erwarten, dass die Anbieter nun Tarife mit höheren Datenvolumina oder günstigere Mobilfunk-Flatratetarife anbieten. Verbraucherinnen und Verbraucher werden davon profitieren.“

Stellungnahme von Vodafone

Die PC-WELT fragte bei Vodafone nach. Die Antwort kam prompt: "Am 2. September 2021 hat der EuGH entschieden, dass kommerzielle Zero-Rating Angebote nicht länger mit europäischem Recht und damit nicht mit der Netzneutralität vereinbar sind. Als Konsequenz aus dieser Entscheidung hat die deutsche Regulierungsbehörde BNetzA nun die Einstellung der Vermarktung von Vodafone Pässen für neue Kunden bis spätestens 01. Juli 2022 angeordnet. Bestehende Pässe müssen bis zum 31. März 2023 beendet werden.

Wir analysieren derzeit die Anordnung der BNetzA bezüglich der Einstellung der Vodafone Pässe und werden im Anschluss über weitere Schritte informieren. Aktuell bleibt für unsere Kunden alles wie gehabt." Zitat Ende

Stellungnahme der Deutschen Telekom

Die PC-WELT fragte bei der Deutschen Telekom nach. Die Telekom antwortete uns folgendermaßen: "Die Bundesnetzagentur hat Zero-Rating Angebote in Deutschland leider weitgehend untersagt. Dies hat Auswirkungen auf das StreamOn-Angebot der Telekom. Entsprechend der neuen Vorgaben wird das Unternehmen StreamOn nicht mehr zur Verfügung stellen können. Wir werden unsere Kunden und Partner unter Berücksichtigung der behördlich vorgegebenen Übergangsfristen über den Zeitpunkt, ab dem der Service nicht mehr genutzt werden kann, informieren.

Wir bedauern das Einstellen des Zero-Rating-Angebots für rund vier Millionen zufriedene Nutzer und die nahezu 500 StreamOn-Partner sehr. Gleichzeitig wird die Telekom auch weiterhin mit fairen Tarifen hohen Datenverbrauch und das beste Nutzungserlebnis ermöglichen. Deshalb optimieren wir das Erlebnis unserer Kunden durch konkrete Maßnahmen ständig, in dem wir z. B. Datenvolumen verschenken oder dauerhaft das Datenvolumen in Tarifen ausgewählter Kundengruppen aufwerten. Die nächsten Maßnahmen für weitere Kundengruppen sind bereits in Vorbereitung, betroffene Kunden werden natürlich rechtzeitig informiert." Zitat Ende

Das sind StreamOn und Vodafone Pass

Bei diesen „Nulltarif-Optionen/Zero-Rating-Optionen" geht es darum, dass ein Mobilfunk- oder Internetzugangsprovider das Datenvolumen bestimmter Mobilfunkanwendungen oder Kategorien von Mobilfunkanwendungen, die von Partnern dieses Zugangsanbieters angeboten werden, nicht auf das monatliche Freivolumen eines Mobilfunkvertrags anrechnet.

Konkret geht es bei Vodafone um die „Vodafone Pass“ genannten Optionen „Video Pass“, „Music Pass“, „Chat Pass“ und „Social Pass“. Die Deutsche Telekom wiederum bietet ihren Kunden für einige Tarife eine Zubuchfunktion in Form einer „Nulltarif-Option“ namens „Stream On“ an (ehemals als „StreamOn Music”, „StreamOn Music&Video”, „MagentaEINS StreamOn Music“ und „MagentaEINS StreamOn Music&Video” bezeichnet). Dabei wird das auf Audio- und Videostreaming von Contentpartnern der Telekom entfallende Datenvolumen nicht auf das Inklusivdatenvolumen des Basistarifs angerechnet.

EuGH-Entscheidung gab den Weg vor

Vorausgegangen war ein Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 2. September 2021: EuGH – Telekom StreamOn und Vodafone-Pass sind illegal. Der EuGH hatte damals entschieden, dass die Zero-Rating-Optionen „Stream On“ der Deutschen Telekom und „Vodafone Pass“ mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung des Datenverkehrs unvereinbar seien. Sowohl technische als auch tarifliche Ungleichbehandlungen zwischen verschiedenen Verkehrsarten innerhalb eines Tarifs seien demnach verboten. Doch genau diese Ungleichbehandlung erfolgt bei Zero-Rating-Optionen: Dabei „wird der Datenverkehr dadurch ungleich behandelt, dass bestimmte Dienste und Anwendungen – im Unterschied zu allen übrigen Diensten und Anwendungen – nicht auf das Dateninklusivvolumen angerechnet werden, also unbegrenzt nutzbar sind“, so die Bundesnetzagentur.

Diese Fristen gelten ab jetzt

Die Neuvermarktung von „StreamOn“ und „Vodafone Pass“ ist bis zum 1. Juli 2022 einzustellen. Die beiden Zero Rating-Optionen dürfen dann über keinen Vertriebskanal mehr buchbar sein.

Für die Einstellung der Zero Rating-Optionen im Bestandskundengeschäft haben die Anbieter bis Ende März 2023 Zeit. Diese Umsetzungsfrist sei angesichts der großen Anzahl von Bestandskunden erforderlich, auch um einen verbraucherfreundlichen Übergang auf andere Tarife zu ermöglichen, wie die Behörde ihre Entscheidung begründet. (PC-Welt)